Nicht`s über uns, ohne uns! Die Aufklärung dient dem politischen Wandel!

Die Enttäuschung überwiegt: Hinweisgeberschutzgesetz soll Whistleblower schützen? Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz, auch unter dem Namen „Whistleblower-Gesetz“ bekannt, tritt ein neues Gesetz am 2. Juli 2023 in Kraft, das aufgrund einer EU-Verordnung eingeführt wird. Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeiter*innen sind bis zu diesem Datum dazu verpflichtet, ein sicheres Hinweisgebersystem eingerichtet zu haben, über das Mitarbeiter*innen Hinweise auf bspw. Korruption geben können. Allenfalls ein Meilenstein für den Whistleblower-Schutz. Pressemitteilung zur Verabschiedung des Hinweisgeberschutzgesetzes durch Bundestag und Bundesrat Bundestag und Bundesrat haben endlich ein Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet und mit anderthalbjähriger Verspätung die EU-Whistleblowing-Richtlinie umgesetzt. „Das Hinweisgeberschutzgesetz stellt einen Meilenstein für den Whistleblowerschutz in Deutschland und eine Verbesserung gegenüber dem prekären Status quo dar. Das Ziel, die Rechte von Whistleblowern umfassend zu stärken, verfehlt es jedoch an einigen Stellen. Der Bedeutung von Whistleblowing für den Journalismus und damit den öffentlichen Diskurs wird es ebenso wenig gerecht“, so die Quintessenz des Geschäftsführers von Whistleblower-Netzwerk, Kosmas Zittel.

Whistleblower leisten einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl, indem sie frühzeitig auf Missstände und Fehlentwicklungen hinweisen und so dazu beitragen, größeren Schaden abzuwenden. Für ihre Zivilcourage zahlen Whistleblower einen hohen Preis bis hin zum Jobverlust. Das im Hinweisgeberschutzgesetz vorgesehene Verbot von Repressalien ist daher mehr als überfällig. Gänzlich verhindern wird das Gesetz Repressalien aber nicht. Einen Entschädigungsanspruch bei immateriellen Schäden (z.B. infolge von Mobbing) oder einen Unterstützungsfonds zur Finanzierung kompensatorischer Leistungen und rechtlicher und psychologischer Beratung für Whistleblower beinhaltet das Gesetz trotzdem nicht (obwohl damit gegen europäische Vorgaben verstoßen wird).

„Arbeitgeber spielen ihre strukturellen Vorteile gegenüber Whistleblowern teilweise unerbittlich aus und versuchen sie so zu zermürben – leider oft erfolgreich. Mit den Folgen dieser häufig traumatischen Erfahrungen haben Whistleblower lange zu kämpfen. Der fehlende Schmerzensgeldanspruch für immaterielle Schäden zeigt, dass der Gesetzgeber nicht verstanden hat, welchen schwerwiegenden Belastungen Whistleblower ausgesetzt sind“, kritisiert Martin Porwoll, Whistleblower im Bottroper Zyto-Skandal und Vorstandsmitglied von Whistleblower-Netzwerk.

Zweifelsohne sieht das Gesetz wichtige Verbesserungen für Whistleblower vor, wenn sie Straftaten oder bestimmte Ordnungswidrigkeiten melden. Dazu gehört,
dass künftig der Arbeitgeber beweisen muss, dass eine Repressalie nicht mit dem Whistleblowing im Zusammenhang steht („Beweislastumkehr“). Bislang musste der Betroffene belegen, dass sein Whistleblowing der Grund für die Benachteiligung war, in der Praxis fast unmöglich.
dass Whistleblower frei wählen können, ob sie sich unmittelbar an eine staatliche („externe“) Hinweisgeberstelle oder zunächst an eine beim Arbeitgeber angesiedelte („interne“) wenden („Wahlfreiheit“). Bislang galt ein Vorrang für interne Meldungen. Whistleblower können am besten einschätzen, welches der vielversprechendste und vertrauenswürdigste Weg ist.

dass Arbeitgeber mit mehr als 50 Beschäftigten interne Meldestelle einrichten müssen, an die sich Whistleblower vertraulich wenden können.
Verbesserungen wie o.g. greifen nur im Rahmen des sachlichen Anwendungsbereichs des Hinweisgeberschutzgesetzes. Der ist auf Hinweise zu Straftatbeständen und bestimmte Ordnungswidrigkeiten beschränkt. Weitgehend pauschal vom sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind:
erhebliches Fehlverhalten oder Missstände unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße. Dabei weisen Whistleblower u.a. auf staatliche Regelungs- und Kontrolllücken hin.
Rechtsverstöße, wenn es sich dabei um Angelegenheiten der nationalen Sicherheit oder Verschlusssachen handelt.
Journalistische Arbeit wird durch diese Ausnahmetatbestände und die engen Vorgaben für öffentliches Whistleblowing erschwert. Offenlegungen gegenüber den Medien sind nur in wenigen Ausnahmefällen geschützt, v.a. bei einer „unmittelbare[n] oder offenkundige[n] Gefährdung des öffentlichen Interesses“ (§ 32 HinSchG). Dabei erfährt die Gesellschaft oft erst durch die Zusammenarbeit von Journalist*innen und Whistleblowern von politischen und wirtschaftlichen Skandalen, Machtmissbrauch und staatlichem Kontrollversagen.

„Die restriktiven Regelungen bei Offenlegungen gegenüber den Medien und die Einschränkungen beim sachlichen Anwendungsbereich wiegen schwer. Gravierende Missstände werden so weiterhin nur in Ausnahmefällen ans Licht der Öffentlichkeit kommen. Die Chance, die Pressefreiheit und damit den demokratischen Diskurs zu stärken, wurde verpasst“, bemängelt Rechtsanwalt Klaus Bergmann, Mitglied im geschäftsführenden Vorstand von Whistleblower-Netzwerk.

Hoffnung bereitet der Bundestagsbeschluss vom 16.12.2022. Darin wird die Bundesregierung u.a. aufgefordert, den Bedarf für finanzielle Unterstützungsangebote für Whistleblower und Nachbesserungen im Geheimschutzbereich zu prüfen. Whistleblower-Netzwerk wird darauf drängen, dass es nicht bei einer bloßen Prüfung bleibt.

Das Hinweisgeberschutzgesetz wird voraussichtlich noch im Juni in Kraft treten (einen Monat nach der „Verkündung“). Sechs Monate später können Bußgelder gegen Arbeitgeber verhängt werden, wenn sie die vorgeschriebenen internen Meldestellen nicht eingerichtet haben.

Vermittlungsausschuss schwächt Schadensersatzanspruch für Whistleblower: Pressemitteilung zur Einigung des Vermittlungssauschusses auf ein Hinweisgeberschutzgesetz
Bund und Länder haben sich im Vermittlungsausschuss auf ein Hinweisgeberschutzgesetz und die damit verbundene, längst überfällige nationale Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie geeinigt. An einigen inhaltlichen Punkten stellt der Kompromiss im Vergleich zum Koalitionsentwurf leider eine Verschlechterung für Whistleblower dar.

Whistleblower weisen auf Missstände und Fehlentwicklungen hin und ermöglichen so frühzeitig Abhilfe. Sie selbst zahlen dafür oft einen hohen Preis und sind schwerwiegenden Repressalien wie Mobbing ausgesetzt. Repressalien, die gravierende und langanhaltende Auswirkungen auf ihr Leben haben, deren Schaden aber aus juristischer Sicht meist von immaterieller Natur ist. Die EU-Whistleblowing-Richtlinie und der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen (§ 37) haben daher zurecht ein Schmerzensgeld für „immaterielle Schäden“ vorgesehen. Dieser Entschädigungsanspruch ist dem Kompromiss im Vermittlungsausschuss zum Opfer gefallen.

„Die Streichung des immateriellen Schadensersatzanspruches kann gravierende Auswirkungen für Whistleblower haben. Damit fällt ein Schmerzensgeldanspruch für sehr viele Repressalien, von denen Whistleblower betroffen sind, weg. Zudem wird gegen europäische Vorgaben verstoßen, obwohl gegen Deutschland bereits jetzt ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig ist““, kritisiert Dr. Simon Gerdemann, Leiter eines DFG-geförderten Forschungsprojekts zum Whistleblowing-Recht.

Wie zu erwarten war, konnten CDU/CSU im Vermittlungsausschuss weitere Änderungen zum Nachteil von Whistleblowern durchsetzen:
Die Anpassungen beim Wahlrecht zwischen interner und externer Meldung (§ 7) sehen vor, dass sich Whistleblower bevorzugt an eine (organisations-)interne Stellen wenden „sollten“. Dies könnte auf Whistleblower wie eine Abschwächung der von der EU-Richtlinie zwingend vorgesehenen Gleichrangigkeit von internem und externem Whistleblowing wirken. Studien und Erfahrungen belegen, dass sich Whistleblower an eine interne Stelle wenden, wenn sie das Gefühl haben, den Ansprechpartner*innen vertrauen und auf diesem Weg Veränderungen bewirken zu können. Eine Gleichrangigkeit der Meldewege schafft einen Anreiz für gutaufgestellte interne Hinweisgebersysteme und eine whistleblower-freundliche Organisationskultur.
Die Einrichtung anonymer Meldekanäle ist nicht mehr verpflichtend. Die Pflicht anonymen Meldungen nachzugehen, wird zu einer „Sollte“-Bestimmung abgeschwächt. Anonyme Meldekanäle ermöglichen es Whistleblowern, Vertrauen zur Anlaufstelle aufzubauen, bevor sie ihre Identität preisgeben, und ermutigen sie so zu Meldungen. Systematische Befragungen von Unternehmen haben ergeben, dass die Einführung anonymer Hinweisgeberkanäle keinesfalls Denunziantentum fördert. Der Nutzen anonymer Hinweisgeberkanäle überwiegt die (überschaubaren) Kosten bei weitem.
„Der Kompromiss zeigt, dass es bei den Unionsparteien und Teilen der Wirtschaft nach wie vor große Vorbehalte gegen Whistleblower gibt, obwohl diese im Interesse von Gesellschaft und Wirtschaft handeln“, so der Geschäftsführer von Whistleblower-Netzwerk, Kosmas Zittel. „Erfreulicherweise hat sich wenigstens die Erkenntnis durchgesetzt, dass mit einer Einschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs keinem gedient gewesen wäre.“

Der sachliche Anwendungsbereich beinhaltet nach wie vor Hinweise zu Straftatbeständen und bestimmten Ordnungswidrigkeiten. Die von CDU/CSU geforderte Beschränkung des Anwendungsbereichs auf möglichst wenige Rechtsbereiche hätte deutlich mehr Aufwand für Unternehmen und Behörden zur Folge gehabt. Nach Eingang einer Meldung hätte jedes Mal geprüft werden müssen, ob der Verstoß in den Anwendungsbereich fällt oder nicht. Eine Abgrenzung, die bereits erfahrenen Jurist*innen in vielen Fällen schwer gefallen und für juristische Laien, wie die meisten Whistleblower, fast unmöglich gewesen wäre. Dies hätte zu Rechtsunsicherheit geführt und Whistleblower abgeschreckt.

Bedauerlicherweise hat der Gesetzgeber diese wahrscheinlich letzte Chance nicht genutzt, die Mängel des Gesetzentwurfes zu beheben. Whistleblower-Netzwerk bemängelt u.a. die restriktiven Vorgaben für Offenlegungen gegenüber den Medien und die weitgehenden Ausnahmen für Whistleblower aus dem Geheimschutzbereich. Außerdem fordert WBN eine Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs auf sonstiges erhebliches Fehlverhalten oder Missstände unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße (s. Reporter Ohne Grenzen).

Pressemitteilung von Whistleblower-Netzwerk (WBN) und Reporter ohne Grenzen (RSF) zur Verabschiedung des Hinweisgeberschutzgesetzes im Bundestag. Der Bundestag verabschiedet heute mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen ein längst überfälliges Hinweisgeberschutzgesetz zur Umsetzung EU-Whistleblowing-Richtlinie. Leider verbessert es nur die rechtliche Situation von denjenigen Whistleblowern, die bestimmte Rechtsverstöße an eine (organisations-)interne oder an eine externe (staatliche) Meldestelle melden wollen. Der Bedeutung für den Journalismus und damit für die Demokratie wird das Gesetz nicht gerecht. „Das Gesetz genügt weder dem Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit für Whistleblower noch dem Informations- und Partizipationsanspruch einer demokratischen Gesellschaft“, sagte die Vorsitzende von Whistleblower-Netzwerk, Annegret Falter. „So als seien NSA-Skandal, Missbrauch in der katholischen Kirche, Vernachlässigungen in der Altenpflege oder systematische Steuerhinterziehungsmodelle nicht allein durch Whistleblowing öffentlich verhandelbar geworden.“ Die Ampel-Fraktion will öffentliches Whistleblowing nur in Ausnahmefällen schützen, wenn nicht-öffentliche Meldekanäle nicht reagieren oder wenn eine „unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses“ droht (§32 HinSchG). Hinweise zu Fehlverhalten oder erheblichen Missständen unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße fallen, anders als im Koalitionsvertrag vereinbart, nicht in den Schutzbereich des Gesetzes. „Mit diesem Gesetz scheitert die Ampel-Koalition an ihrem Anspruch, eine Vorreiterrolle beim Schutz von Freiheitsrechten, insbesondere der Pressefreiheit, einzunehmen“, kritisierte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die Regierung hat im Koalitionsvertrag versprochen, dass das besondere öffentliche Interesse ausschlaggebend für den Schutz von Hinweisgebenden sein würde – von diesem Anspruch ist das Hinweisgeberschutzgesetz in seiner aktuellen Form weit entfernt.“ Erschwerend hinzu kommen die weitgehenden pauschalen Ausschlusstatbestände für den Geheimschutzbereich. Bei Verschlusssachen soll geschütztes Whistleblowing allenfalls intern erfolgen dürfen, Angelegenheiten der nationalen Sicherheit sind vollständig vom Schutzbereich des Gesetzes ausgenommen. Die vorgesehene Regelung schafft damit einen Anreiz, strittige und illegitime Dinge zur Verschlusssache oder Angelegenheit der nationalen Sicherheit zu erklären und so gegen Whistleblowing zu „immunisieren“. Bereits jetzt werden in Ermangelung klarer Vorgaben und unabhängiger Kontrollen unverhältnismäßig viele Informationen als Verschlusssache eingestuft und so der journalistischen und öffentlichen Kontrolle entzogen. Dabei geben Whistleblower oft den Anstoß zu kritischen Recherchen. Durch ihre Zusammenarbeit mit Journalist*innen erfährt die Gesellschaft häufig erst von politischen und wirtschaftlichen Skandalen, Machtmissbrauch und staatlichem Kontrollversagen. Sie enthüllen, wo Regelungslücken bestehen und wo geltendes Recht technischen, sozialen und politischen Entwicklungen hinterherhinkt. Whistleblower und Journalist*innen stärken so den öffentlichen Diskurs und ermöglichen es, Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen und Missstände abzustellen. Auch der Europäische Menschengerichtshof (EGMR) hat dies erkannt und in seiner bahnbrechenden Entscheidung im Fall des LuxLeaks Whistleblower Raphaël Halet am 14. Februar 2023 das erhebliche öffentliche Interesse an der Offenlegung derartiger Informationen betont. Whistleblower Netzwerk und Reporter ohne Grenzen hoffen, dass auch nach der Verabschiedung des Hinweisgeberschutzgesetzes das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Der Bundestag hat die Bundesregierung in seinem Beschluss vom 16.12.2022 aufgefordert, weitere Aspekte des Hinweisgeberschutzes in einem neuen Gesetzgebungsprozess aufzugreifen. Dies böte, ebenso wie die von EU-Richtlinie vorgesehene Evaluation der nationalen Umsetzungsgesetze (Art. 27 HinSch-RL), die Möglichkeit, die Mängel des Hinweisgeberschutzgesetzes zu beheben und für einen wirklich umfassenden Whistleblowerschutz zu sorgen.

Whistleblowing-Report!: Ein großer Tag für den Whistleblower-Schutz? Pressemitteilung. In seiner letzten Sitzung des Jahres hat es der Bundestag doch noch geschafft, Deutschland bekommt endlich ein Hinweisgeberschutzgesetz und setzt mit einjähriger Verspätung die EU-Whistleblowing-Richtlinie um. Ein Feiertag für den deutschen Whistleblowerschutz? Leider nein. Zwar wird das Gesetz die rechtliche Stellung von Whistleblowern im Vergleich zum Status quo verbessern und Repressalien gegenüber Whistleblowern im Rahmen seines Geltungsbereichs künftig verbieten. Gleichzeitig bestätigt sich die Befürchtung, dass öffentliche Hand und Unternehmen Whistleblowing vor allem als Instrument zur Durchsetzung von gesetzlichen und unternehmenseigenen Regelungen betrachten. „Whistleblower sind aber keine staatlichen oder unternehmensinternen Kontrollorgane. Durch die Aufdeckung gravierender Missstände und Fehlentwicklungen nehmen sie ihr Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit wahr und können den demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess stärken. Dem wird auch der neue Kompromiss nicht gerecht“, kritisiert Kosmas Zittel, Geschäftsführer von Whistleblower-Netzwerk, und verweist dabei insbesondere auf die restriktiven Regelungen bei Offenlegungen und die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf bestimmte Gesetzesverstöße. „Leider ist auch der Kompromiss der Ampel-Fraktionen geprägt vom Geist des Misstrauens gegenüber Whistleblowern und der Angst vor Aufdeckungen. Anders sind die starken Anreize für interne Meldungen in Behörden und Unternehmen und der absolute Vorrang für internes Whistleblowing im Geheimschutzbereich kaum zu erklären“, so Kosmas Zittel weiter. Vor allem kritisiert Whistleblower-Netzwerk, dass interne und externe Meldestelle darauf hinwirken sollen, zunächst interne Meldewege zu nutzen. Studien und Erfahrungen zeigen, dass sich die große Mehrheit der Whistleblower dann für den internen Meldeweg entscheiden wird, wenn sie Vertrauen in die internen Hinweiskanäle, das Whistleblowing-Management und die Verantwortlichen haben – weil sie eben keine Schädigungsabsicht gegenüber ihrem Arbeitgeber hegen; Angelegenheiten der nationalen Sicherheit gänzlich und Verschlusssachen weitgehend vom Anwendungsbereich des Regierungsentwurfs ausgenommen sind. Auch ein deutscher Edward Snowden sähe sich daher wahrscheinlich zur Flucht nach Russland gezwungen; Hinweise zu sonstigen gravierenden Missständen, etwa ethisch fragwürdigen Handlungen oder erheblichen Missständen unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße, nicht in den Schutzbereich des Gesetzes fallen (anders als im Koalitionsvertrag vereinbart); Offenlegungen nur in wenigen Ausnahmefällen geschützt sind, u.a. bei einer „unmittelbare[n] oder offenkundige[n] Gefährdung des öffentlichen Interesses“. Dabei weisen Whistleblower durch ihre Aufdeckungen häufig auf Kontroll- und Regelungslücken hin und stärken so den demokratischen Diskurs, wie die andauernde Debatte zum öffentlichen Rundfunk eindrücklich zeigt; im Gesetz keine Unterstützungsfonds vorgesehen ist, aus dem kompensatorische Leistungen und rechtliche und psychologische Beratung von Whistleblowern finanziert werden. Es ist begrüßenswert, dass die Ampel-Fraktionen die Bundesregierung in ihrem Entschließungsantrag wenigstens zu einer Prüfung finanzieller Unterstützungsangebote für Whistleblower auffordern. Immerhin. Weitere Informationen: Weiterlesen hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte stärkt Meinungs- und Informationsfreiheit von Whistleblowern: EU-Kommission verklagt Deutschland vor dem EuGH. Zu Recht.
Pressemitteilung zur Klage der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Deutschland wegen Nicht-Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie. Die EU-Kommission ist mit ihrer Geduld am Ende. Sie verklagt Deutschland und sieben andere Mitgliedsstaaten wegen Nicht-Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Bereits Anfang 2022 hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Die Ende 2019 inkraftgetretene EU-Whistleblowing-Richtlinie hätte bis zum 17.12.2021 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Zuletzt war die Verabschiedung eines Hinweisgeberschutzgesetzes von CDU/CSU im Bundesrat blockiert worden (10.02.2023). Whistleblower weisen auf staatliche Kontroll- und Regelungslücken hin. Sie ermöglichen Rechenschaftslegung und Veränderung und stärken den demokratischen Diskurs. Das hat auch der Europäische Menschengerichtshof (EGMR) in seinem jüngsten Urteil im Fall Halet v. Luxemburg anerkannt und klargestellt, dass die Offenlegung von gravierenden Missständen im öffentlichen Interesse liegt. „Ohne Druck der EU gibt es offenbar kein Whistleblowerschutzgesetz. Ohne EU-Richtlinie hätte es wohl nicht einmal einen Gesetzesentwurf gegeben. Wirtschaft und Politik zögern den Whistleblowerschutz seit Jahren hinaus. Der deutsche Gesetzgeber muss jetzt dringend ein umfassendes Hinweisgeberschutzgesetz verabschieden, wenn er erhebliche Strafzahlungen vermeiden will,“ fordert der Geschäftsführer von Whistleblower-Netzwerk, Kosmas Zittel. „Außerdem ist es im Lichte des EGMR-Urteils geboten, den Gesetzesbeschluss des Bundestags nachzubessern und öffentliches Whistleblowing zu erleichtern.“ Der Gesetzesbeschluss vom Bundestag erlaubt Offenlegungen nur in Ausnahmefällen. Meldungen von erheblichen Missständen unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße sind gänzlich vom Schutzbereich des Gesetzes ausgenommen. Whistleblower-Netzwerk fordert dagegen seit langem, Hinweise zu erheblichen Missständen unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße in den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes aufzunehmen und deren Offenlegung zu schützen, wenn dies im Interesse der demokratischen Öffentlichkeit liegt. Wir fühlen uns durch das jüngste Urteil des EGMR in unserer Sichtweise bestätigt.

Unglaublich: Blockade des zustimmungspflichtigen Hinweisgeberschutzgesetzes im Bundesrat durch Landesregierungen mit CDU/CSU-Beteiligung. Unionsparteien lassen Whistleblowerschutzgesetz erneut scheitern. Kaum zu glauben, aber auf den letzten Metern lassen CDU/CSU das Hinweisgeberschutzgesetz doch noch scheitern. Landesregierungen mit CDU/CSU-Beteiligung versagen dem vom Bundestag am 16.12.2022 beschlossenen Gesetz im Bundesrat die notwendige Zustimmung. Damit hat Deutschland die EU-Whistleblowing-Richtlinie mehr als ein Jahr nach Ablauf der Frist und trotz des laufenden Vertragsverletzungsverfahrens immer noch nicht umgesetzt. „CDU/CSU lassen Whistleblower mit ihrer Blockadehaltung im Bundesrat erneut im Stich, wie bei allen früheren Anläufen für ein Hinweisgeberschutzgesetz. Den Schaden davon haben nicht nur die Whistleblower, sondern auch Demokratie, Rechtsstaat und die Wirtschaft selber“, kritisiert die Vorsitzende von Whistleblower-Netzwerk, Annegret Falter. Whistleblower sorgen mit ihren Meldungen für die frühzeitige Aufdeckung von Missständen in Unternehmen – bevor der Schaden zu Reputationsverlust und Haftungsansprüchen führt. Zudem weisen sie die Gesellschaft auf staatliche Kontroll- und Regelungslücken hin (z.B. bei Cum-Ex). Deswegen liegt es im ureigensten Interesse von Gesellschaft und Wirtschaft, Whistleblower zu ermutigen. Derzeit werden sie jedoch durch fehlende Rechtsklarheit und Rechtssicherheit abgeschreckt. „Die soeben im Bundesrat vorgetragenen Argumente gegen den vorliegenden Gesetzentwurf wegen einer vermeintlich zu hohen Belastung der Wirtschaft in Krisenzeiten sind der ewig gleiche alte Wein in neuen Schläuchen“, so Annegret Falter. Schließlich ist Hinweisgeberschutz auch Unternehmensschutz, wie Bundesjustizminister Marco Buschmann in der ersten Bundestagslesung (29.09.22) zum Hinweisgeberschutzgesetz erklärt hat. Zu diesen Argumenten hat Whistleblower-Netzwerk seit Jahren ausführlich Stellung bezogen, zuletzt bei der Expertenanhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags am 19.10.2022.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte stärkt Meinungs- und Informationsfreiheit von Whistleblowern: Pressemitteilung zur Entscheidung der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall Halet gegen Luxemburg. Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hat heute ihre lang erwartete Entscheidung im Fall Halet gegen Luxemburg verkündet. Der Antragssteller Raphaël Halet ist einer der beiden Whistleblower im weltweit beachteten LuxLeaks-Skandal. Unter großen persönlichen Risiken hatte er geheime Vereinbarungen zwischen internationalen Großkonzernen und dem Staat Luxemburg mitaufgedeckt, durch die der öffentlichen Hand Steuergelder in mehrstelliger Milliardenhöhe entzogen worden waren; hierfür wurde er in Luxemburg strafrechtlich verurteilt. Im anschließenden Verfahren vor dem EGMR wurde Whistleblower-Netzwerk als sogenannter Drittintervenient zugelassen, um die Interessen Halets und die anderer Whistleblower effektiv verteidigen zu können. Heute nun hat der EGMR Raphaël Halet endlich auf ganzer Linie recht gegeben, ihn von strafrechtlicher Verantwortung befreit und den Staat Luxemburg zur Zahlung von insgesamt 55.000€ verurteilt! „Ganz besonders unterstreicht das Gericht dabei das erhebliche öffentliche Interesse an der Offenlegung von Informationen über die Steuervermeidungspraktiken internationaler Großkonzerne“, erläutert Dr. Simon Gerdemann, der die Interventionsschrift von Whistleblower-Netzwerk verfasst hat. „Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt auch und gerade dann, wenn die aufgedeckten Missstände nicht formal illegal sind, der Whistleblower besonderen Verschwiegenheitspflichten unterliegt oder er sich zur Beschaffung der Informationen strafrechtsrelevanter Methoden bedienen muss.“ Das Urteil ist damit einer der größten Erfolge für Whistleblower und ihr Recht auf Offenlegung in den vergangenen Jahren, über den sich Whistleblower-Netzwerk als Unterstützer Raphaël Halets ganz besonders freut. Durch die Entscheidung des EGMR sehen wir den deutschen Gesetzgeber in der Pflicht, das kürzlich noch im Bundesrat von CDU/CSU blockierte Hinweisgeberschutzgesetz an die vom EGMR festgestellte Menschenrechtslage anzupassen. Das gilt insbesondere für die von uns schon lange geforderte Aufnahme eines Offenlegungstatbestands für erhebliche Missstände, deren Aufdeckung im Interesse der demokratischen Öffentlichkeit liegt. Dies verlangen sowohl die persönlichen Menschenrechte einzelner mutiger Menschen wie Raphaël Halet als auch der allgemein unverzichtbare Beitrag, den Whistleblower zum Gelingen einer demokratischen Zivilgesellschaft leisten! Entscheidung, hier. UNI Göttingen, hier. CDU-CSU, hier.

Whistleblower retten Leben durch Verpfeifen:
Unsere Enthüllung sollten doch für den Betroffenen „wie eine Befreiung sein“! Dass man nicht alles Unrecht hinnehmen muss wie Regen und Schnee, beweisen Whistleblower. Diese verpfeifen, was sich hinter den Kulissen abspielt. Durch ihr couragiertes Auftreten konnten sie bereits Schlimmstes verhindern. Hier einige Beispiele. Weiterlesen. Whistleblower (un)erwünscht?: Whistleblowerschutz in Deutschland vor der gesetzlichen Regelung* Auf die Bauernregeln kann man sich dieser Tage auch nicht mehr verlassen. Heißt es doch: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Das trifft auf den Referentenentwurf des BMJ zum Whistleblowerschutz jedenfalls nicht zu, mit dem die Ampelregierung den nunmehr achten Anlauf zu einer gesetzlichen Regelung unternimmt. Seit erstmalig 2008 waren alle Gesetzentwürfe im Parlament gescheitert. Der nunmehr zur Verbändeanhörung vorgelegte Referentenentwurf weist im Vergleich zum Status Quo zwar Verbesserungen auf, v.a. mehr Schutz vor Repressalien für Beschäftigte. Aber er bleibt weit hinter den Erwartungen all jener zurück, die sich seit Jahren für einen effektiven Whistleblowerschutz in Deutschland einsetzen. Die Kritik betrifft v.a. folgende Defizite:

1. Meldungen von „sonstigem Fehlverhalten“, etwa ethisch fragwürdigen Handlungen oder erheblichen Missständen unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße, sind weiterhin nicht geschützt. Unterversorgung in der Altenpflege beispielsweise, rechtsradikale Umtriebe bei Polizei und Bundeswehr, auch ethisch verwerfliche Praktiken bei Facebook würden weiterhin eher selten ans Licht kommen.
2. Whistleblowing gegenüber den Medien („Offenlegung“) soll auch künftig nur unter engen Ausnahmebedingungen geschützt sein. Diese Vorschrift genügt weder dem Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit für Whistleblower noch dem Informations- und Partizipationsanspruch einer demokratischen Gesellschaft. Die Norm muss den direkten Gang an die Öffentlichkeit schützen, wenn eine Offenlegung wesentlich im öffentlichen Interesse liegt. „Die sehr eingeschränkte Möglichkeit, sich ohne Angst vor Repressalien an die Medien zu wenden und auf erhebliche Missstände aufmerksam zu machen oder Anstoß zur investigativen Recherche zu geben, behindert außerdem die journalistische Arbeit und erschwert es den Medien, ihre Kontrollfunktion auszuüben“, sagt Klaus Bergmann, Vorstandsmitglied von WBN.
3. Meldungen, die Verschlusssachen, die Geheimdienste oder die – nicht näher definierte – nationale Sicherheit betreffen, fallen ebenfalls nicht in den Schutzbereich des künftigen Gesetzes. Dabei gibt es alltägliche, schwerwiegende Missstände im öffentlichen Dienst, deren Offenlegung im öffentlichen Interesse das staatliche Interesse an ihrer Geheimhaltung erheblich überwiegt. Auch wissen wir nicht erst seit Edward Snowdens Whistleblowing, dass im Bereich der Sicherheitspolitik Grenzüberschreitungen und Machtmissbrauch notorisch zu befürchten sind. Das Gesetz sollte den Whistleblower und das Informationsrecht der Gesellschaft schützen und nicht den Staat. Der vorliegende Gesetzentwurf folgt dem überkommenen Muster, Whistleblowing zu da instrumentalisieren, wo es den Staat ein Stückweit von seinen Kontrollfunktionen entlastet, aber zu behindern, wo es dem Geheimhaltungsbedürfnis der Politik zu nahe tritt. Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz: Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden.

Kontakt:

Whistleblower-Netzwerk e.V. (WBN)
Kosmas Zittel, Geschäftsführer
zittel@whistleblower-net.de
Tel: +49 176 84915150

Whistleblowing International Network (WIN)
Anna Myers (WIN Executive Director)
anna.myers@whistleblowingnetwork.org

Keine Auslieferung von Julian Assange in die USA: Für Assanges Beitrag zur Aufdeckung schwerer Kriegsverbrechen drohen ihm in den USA ein fragwürdiger Prozess und bis zu 175 Jahre Haft unter unmenschlichen Bedingungen. Durch seine äußerst belastete Psyche wäre die Suizidgefahr in der US-amerikanischen Haft nicht zu verantworten. Vor diesem Hintergrund ist Asyl für Assange nicht nur richtig, sondern geboten. Rechtlicher Schutz: Weltweit ist der rechtliche Schutz für Menschen, die Missstände im Bereich der nationalen Sicherheit aufdecken, besonders mangelhaft. Aktuell bietet die EU-Whistleblowing-Richtlinie, die alle EU-Mitgliedsstaaten bis Mitte Dezember umsetzen müssen, eine seltene Gelegenheit, das zu ändern. Whistleblowing-Gesetze dürfen keine pauschale Ausnahme für den Bereich der nationalen Sicherheit beinhalten! Wenn jedoch ein Staat Kriegsverbrechen durch das eigene Militär duldet, wie das die USA 2007 im Irak getan haben, ist ein fairer Prozess in deren Gerichtsbarkeit in der Regel nicht möglich. Hier braucht es den Schutz durch Drittstaaten. Langfristig sollte das völkerrechtlich verankert werden. Weiterlesen. Auftakt im Berufungsprozess: Am 27. und 28. Oktober 2021 wird der Auslieferungsantrag der US-Justiz in London in einem Berufungsprozess erneut verhandelt. Anfang des Jahres wurde der Antrag von einem Bezirksgericht abgelehnt. Im Juli wurde jedoch dem Antrag auf Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil durch den britischen High Court of Justice zugestimmt, selbst das psychiatrische Gutachten zu Assanges Suizidgefahr steht zur Debatte. Schon allein der bisherige Prozess war ein verheerendes Signal. Der abschreckende ‚Chilling-Effekt‘ ist bereits jetzt enorm. Thomas Kastning, WBN-Whistleblower-Netzwerk: „Die neue Bundesregierung sollte das anstehende deutsche Whistleblowinggesetz so gestalten, dass ein Assange und eine Chelsea Manning in Deutschland geschützt wären.“ Weitere Informationen, hier.

Immer mehr Unternehmen erkennen, welch unverzichtbaren Beitrag Whistleblower zur Schadensaufdeckung und -prävention leisten: Sie bieten ihnen unterschiedliche (anonyme) Meldekanäle, eine unabhängige Beratung, Vertraulichkeit gegenüber der Geschäftsführung und Schutz vor Repressalien. Der heute erschienene Whistleblowing-Report 2021 der Fachhochschule Graubünden und der EQS Group AG (mit Vorwort von WBN) zeigt dies eindrucksvoll. Von Pandora bis Facebook: Doch von Pandora bis Facebook gibt es auch die Fälle, bei denen Whistleblower keinen anderen Ausweg sehen, als den Weg in die Öffentlichkeit zu suchen. Sie gehen gegen Missstände vor, die ohne den öffentlichen Diskurs nicht angegangen würden. Solche Whistleblower brauchen ganz besonders Schutz! Bis Ende 2021 muss Deutschland auf der Grundlage der EU-Whistleblowing-Richtlinie ein deutsches Whistleblowing-Gesetz erlassen. Es sollte folgender Überprüfung standhalten: Hätte es dieses Gesetz bereits seit Jahrzehnten gegeben, hätte es die wichtigsten Whistleblower ausreichend geschützt? Dafür wird nicht reichen, die EU-Richtlinie 1:1 umzusetzen, sondern es muss an entscheidenden Stellen über die EU-Minimalvorgaben hinausgegangen werden. Die Bundestagsparteien sollten sich bereits in den Koalitionsgesprächen auf Leitlinien für ein solches Gesetz festlegen. Whistleblowing-Report 2021 der Fachhochschule Graubünden und der EQS Group AG (mit Vorwort von WBN-Whistleblower Netzwerk e.V.) Weitere Informationen zur EU-Whistleblowing-Richtlinie, hier.

Transparency Deutschland und Whistleblower-Netzwerk e.V. begrüßen Verabschiedung der EU-Richtlinie zum Hinweisgeberschutz. Endlich ist es soweit – die EU hat am 7.10.2019 ein umfassendes Whistleblowerschutzgesetz verabschiedet. Damit werden EU-weite Mindeststandards für Hinweisgeber geschaffen, gerade für Deutschland ein unglaublicher Fortschritt. Der Weg dorthin war lang und steinig, besonders die Bundesregierung hat sich lange gegen einige unabdingbare Mindeststandards wie die gleichrangige Wahlmöglichkeit zwischen internen und externen Meldewegen gewehrt. Am Ende konnten sich die Stimmen der Vernunft an vielen Stellen durchsetzen und die Zivilgesellschaft einen kleinen Sieg erzielen. Jetzt kommt alles auf die notwendige Umsetzung in deutsches Recht an, die wir mit Argusaugen beobachten und uns für einen möglichst umfassenden Schutz für Whistleblower einsetzen.

Die ebenfalls im Newsletter vorgestellten aktuellen Whistleblower-Fälle zeigen, welchen positiven Beitrag Whistleblower zum öffentlichen Diskurs und zur Aufdeckung von Missständen leisten können. So hat Volker Gernhardt, Ex-Betriebsrat des landeseigenen Berliner Klinikkonzerns Vivantes, anhand von internen Daten dargelegt, dass die jüngsten politischen Entscheidungen den schlechten Betreuungsschlüssel in der Krankenhauspflege zum Standard gemacht haben. Zum Dank wird er von seinem Arbeitgeber zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Repressalien wie diese illustrieren, dass wir weiter an einem kulturellen Wandel hin zu mehr Anerkennung für Whistleblowing arbeiten müssen. Als Verein tun wir dies unter anderem durch die Ausweitung unseres Schulprojekts (mehr dazu unten). Wir konnten die ehemalige EuGH-Richterin Prof. Dr. Ninon Colneric für unsere Newsletter gewinnen. Auch auf Ihre Unterstützung sind wir angewiesen, zum Beispiel in Form von Spenden, Mitgliedsbeiträgen oder Fördermitgliedschaften.

Bundesregierung muss bei nationaler Umsetzung Anwendungsbereich ausweiten. Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland und Whistleblower-Netzwerk e.V. begrüßen die Verabschiedung der EU-Richtlinie zum Hinweisgeberschutz. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Rechtsverstöße, Missstände und Gefahren an ihrem Arbeitsplatz melden, bedeutet die „Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ eine deutliche Verbesserung der bestehenden Vorschriften. Skandale wie CumEx, von denen die Öffentlichkeit ohne den Mut von Hinweisgebern wohl nie erfahren hätte, zeigen, wie dringlich ein umfassendes Hinweisgeberschutzgesetz in Deutschland ist.

„Die Richtlinie ist ein extrem wichtiger Schritt, um Hinweisgeber besser zu schützen. Hinweisgeber unterstützen die Gesellschaft dabei, sich vor illegalen und für die Allgemeinheit schädlichen Machenschaften zu schützen, indem sie diese aufdecken“, so Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland. Annegret Falter, Vorsitzende des Whistleblower-Netzwerks: „Wir erwarten von der Bundesregierung, ihren Handlungsspielraum bei der Umsetzung in deutsches Recht so expansiv wie möglich zugunsten von mehr Rechtssicherheit und Schutz für Whistleblower zu nutzen.“

Hinweisgeber brauchen endlich Rechtssicherheit: In Bezug auf die nun anstehende Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht erwarten Transparency Deutschland und Whistleblower-Netzwerk Verbesserungen, die über die Richtlinie hinaus das Schutzniveau für Whistleblower erhöhen. Die neue Richtlinie umfasst lediglich Verstöße gegen EU-Recht. Bliebe es dabei, müssten potentielle Whistleblower einschätzen, ob ihre Meldung im konkreten Fall zulässig und damit geschützt ist. Darum würden Meldungen im Zweifelsfall gänzlich unterbleiben. „Der Anwendungsbereich muss dringend und möglichst umfassend auch auf nationale Regelungsbereiche ausgeweitet werden“, so Annegret Falter.

„Wir brauchen ein umfassendes Hinweisgeberschutzgesetz, Deutschland hat sich dem zu lange entzogen. Die Bundesregierung ist nun gefordert, dem Hinweisgeberschutz die notwendige Priorität einzuräumen“, so Hartmut Bäumer. Zuständige Behörden zweckdienlich ausstatten: Die Richtlinie ermöglicht Whistleblowern, sich mit der Meldung über einen Missstand direkt an die Behörden zu wenden, etwa an eine auf nationaler Ebene zu schaffende „zuständige Stelle“. Diese Behörden müssen aufgrund eines zu erwartenden Anstiegs von Meldungen effektiv ausgestaltet und mit hinreichenden Ressourcen ausgestattet werden. Weiterführende Informationen: Überlegungen zur nationalen Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden („Whistleblowing-Richtlinie“) – Dr. Simon Gerdemann, LL.M. (Berkeley)

Zu Transparency Deutschland: Transparency International Deutschland e.V. arbeitet deutschlandweit an einer effektiven und nachhaltigen Bekämpfung und Eindämmung der Korruption.

Zum Whistleblower-Netzwerk: Whistleblower-Netzwerk ist ein gemeinnütziger Verein, der sich politisch für Transparenz und Whistleblowerschutz einsetzt, Whistleblower unterstützt und Organisationen berät.

Kontakte: Annegret Falter, Vorsitzende des Whistleblower Netzwerks oder falter@whistleblower-net.de

Rückblicke: Weitere Stärkung der Rechte von Whistleblowern in Europa angestrebt. Whistleblowerschutz im Öffentlichen Dienst ausbauen! Die Beratungsgruppe unter der juristischen Leitung von OStA a.D. Robert Bungart hat seit September 2018, 65 Beratungsanfragen bearbeitet. In der Sache Joachim Wedler (Whistleblower bei Toll Collect) hat v.a. er sich einen Schlagabtausch mit der TeleKom, Daimler und Toll Collect sowie mit der damaligen Justizministerin Barley geliefert. Die Zuverlässigkeit, mit der sich die Beratungsgruppe immer wieder um Einzelfälle kümmert, leistet ganz offensichtlich einen wesentlichen Beitrag zur Glaubwürdigkeit unseres Vereins. Der von Vorstandsmitglied Markwart Faussner finanzierte Whistleblower-Hilfsfonds ermöglicht in schwierigen Fällen anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Neue Richtlinie zum Whistleblower-Schutz: Im Zentrum der Arbeit stand der „Kampf“ um die neue Richtlinie zum Whistleblower-Schutz (WBRL), die in Brüssel und Berlin verhandelt wurde. Im Verbund mit vielen anderen europäischen zivilgesellschaftlichen Gruppen und dank der juristischen Unterstützung unseres Beiratsmitglieds Prof. Ninon Colneric (ehem. Richterin am EuGH) konnten Whistleblower einige Erfolge erzielen:

• Die Direktive wurde in relativ kurzer Zeit gegen viele Widerstände noch in der auslaufenden EU-Legislaturperiode verabschiedet.
• Sie bedeutet für die in Deutschland bis dato fast völlig ungeschützten Whistleblower erhebliche Verbesserungen: Schutz vor Repressalien, Wahlfreiheit i.B.a. interne und externe Meldekanäle (z.B. Anzeige bei der Staatsanwaltschaft), Umkehr der Beweislast, Irrelevanz der Motivation des Whistleblowers, Berücksichtigung des öffentlichen Interesses, Geltung für den privaten und öffentlichen Sektor.
• Schwerwiegender Mangel: Keine Geltung für den Bereich der nationalen Sicherheit; kein Schutz bei Enthüllung geheimer Dokumente.

Diese Richtline umfasst allerdings nur Unionsrecht: Also Rechtsbereiche, in denen die EU überhaupt Kompetenzen hat. Sie setzt aber Mindeststandards für ihre Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedstaaten, die dafür bis Herbst 2021 Zeit haben. Die Nationalstaaten können das Schutzniveau nicht mindern, aber nahezu beliebig verbessern. Es hängt also von der konkreten Ausgestaltung der Umsetzung ab, wie effektiv der Schutz für deutsche Whistleblower am Ende sein wird. Hier können und müssen wir in den kommenden zwei Jahren mit vereinten Kräften Einfluss auf den politischen Gestaltungswillen des deutschen Gesetzgebers nehmen. Unsere vordringlichste Forderung wird sein, dass Deutschland endlich ein umfassendes Schutzgesetz schafft, das weit über das Unionsrecht hinausgeht. Ein unüberschaubarer Flickenteppich von Regelungen nützt niemandem etwas. Nicht den Whistleblowern, die, wenn überhaupt, nur noch nach anwaltlicher Beratung Missstände melden werden. Nicht den Unternehmen, die nicht rechtzeitig von Missständen erfahren und Reputationsverlust, Schadensersatz oder Strafen riskieren. Nicht der Politik, die weiter an Glaubwürdigkeit verliert. Und nicht uns, der Zivilgesellschaft, die wir die Zeche mit Gesundheits- und Umweltschäden, mit Steuerbetrug, mit Geldwäsche, Korruption oder gesetzwidriger Überwachung bezahlen.

Schon während der Brüsseler Verhandlungen um die Richtlinie drehte sich viel um die – stimmmächtige – Position der deutschen Regierung. WBNW hat diese Position, die einseitig an den Interessen der Arbeitgeber orientiert war, in den Medien, auf unserer Website und bei gemeinsamen Aktionen mit anderen NGOs immer wieder öffentlich kritisiert. Die Richtlinie ist noch nicht in Kraft getreten. Die Debatte zur Umsetzung in deutsches Recht hat offiziell noch nicht begonnen. Aber wir haben schon mehrfach „proaktiv“ Position bezogen und unsere Rechtsauffassung deutlich gemacht. Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen. WBNW hatte sich zuvor schon an der Debatte zur Umsetzung einer weiteren EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen beteiligt (GeschGehG): Auch das GeschGehG sieht ein Stückweit den Schutz von Whistleblowern vor. Unser Beiratsmitglied Klaus Hennemann, ehem. Vorsitzender Richter am LAG Baden- Württemberg, hat eine Reihe von Artikeln speziell zum im GeschGehG enthaltenen Whistleblower-Schutz in Fachzeitschriften veröffentlicht.

Menschen, die Rechtsverstöße in ihren Organisationen melden, sind künftig EU-weit rechtlich geschützt. Menschenrechtsverletzungen und Völkerrechtsverstöße dürfen keine Betriebsgeheimnisse sein. In Deutschland macht einen die Wahrheit schnell zum Gefangenen. Am 20.11.2018 hat im Rechtsausschuss (JURI) des EU-Parlaments eine erste entscheidende Abstimmung über den Richtlinien-Entwurf zum Whistleblower-Schutz stattgefunden. Die vereinbarten Kompromissformulierungen finden Sie ab S. 95 des folgenden Dokuments: PDF-Link. Hier die wichtigsten Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf der Kommission:

• Artikel 13 wurde dahingehend verändert, dass interne und externe Meldungen auf eine Ebene gestellt sind. Damit haben Whistleblower die Beurteilungsfreiheit, ob sie sich an eine Stelle innerhalb ihrer Organisation oder an eine externe Behörde wenden.

„Das war ein überfälliger Schritt in Richtung Rechtssicherheit für Whistleblower“, sagt Annegret Falter, Vorsitzende von Whistleblower-Netzwerk. „Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung bei den nun folgenden Verhandlungen im Rat nicht auf der überkommenen deutschen Rechtsmeinung beharrt, dass Whistleblower sich im Regelfall zuerst an ihre Vorgesetzten zu wenden haben. Damit würde sie die Position der Whistleblower wieder erheblich schwächen und die auf europäischer Ebene bisher erzielten Kompromisse konterkarieren.“

• Hürden für öffentliches Whistleblowing wurden deutlich gesenkt.
• Ein Recht auf anonymes Whistleblowing wird ausdrücklich erwähnt.
• Auch für Journalisten wurde ein Mehr an Sicherheit geschaffen. Das wäre (bei Übernahme in deutsches Recht) wichtig gerade auch in Anbetracht der neueren deutschen Sicherheitsgesetze, z.B. des Datenhehlerei-Paragraphen §202d StGB. Generell werden Unterstützer (natürliche Personen) von Whistleblowern in den Schutzbereich des Gesetzes einbezogen.
• Der auf Teile des Unionsrechts beschränkte Anwendungsbereich des Gesetzes wurde u.a. um Arbeitnehmerrechte erweitert.

Nun wird es darauf ankommen, dass der vorliegende Entwurf in den kommenden Verhandlungen auf EU-Ebene und insbesondere bei der dann folgenden Übernahme in deutsches Recht nicht wieder verwässert wird.

Der Wurm muss dem Fisch schmecken……nicht dem Angler!: „Ich wusste, dass Whistleblower in Deutschland kaum geschützt sind. Die Konsequenzen waren Teil meiner bewussten Entscheidung. Aber wie schlimm es dann wirklich kommt, kann man sich kaum vorstellen.“ (Martin Porwoll, Bottrop) Whistleblower-Netzwerk e.V. wird sich auch weiterhin für gesetzlichen Whistleblower-Schutz einsetzen und Aufklärungsarbeit über die Bedeutung von Whistleblowing für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Transparenz leisten. Aus Anlass der Koalitionsverhandlungen hat Whistleblower-Netzwerk die Forderung an den amtierenden Justizminister, die Ministerin für Arbeit und Soziales und weitere Unterhändler der Parteien gerichtet, die Weichen für ein eigenständiges, umfassendes Whistleblowerschutz-Gesetz bereits jetzt in den Koalitionsverhandlungen zu stellen. Wir haben die erschütternden Erfahrungsberichte von fünf unserer Mitglieder über die persönlichen Konsequenzen ihres Whistleblowing beigefügt und mit dem Appell an die künftigen Regierungsparteien verbunden, Whistleblowern nicht länger den überfälligen Schutz zu verweigern. Presseecho

Zum Kündigungs-Prozess des Whistleblowers Porwoll gegen den Apotheker Stadtmann von Klaus Hennemann: Martin Porwoll war kaufmännischer Leiter einer Bottroper Apotheke, in der Krebsmedikamente nach individueller ärztlicher Verordnung hergestellt wurden. Als er aufgrund konkreter Verdachtsmomente zu der Überzeugung gelangte, dass die Dosierung der Wirkstoffe vom Inhaber der Apotheke in betrügerischer Absicht skrupellos manipuliert wurden und so das Leben vieler Patient*innen in Gefahr war, erstattete er Strafanzeige. Mittlerweile klagt er in zweiter Instanz gegen seine Kündigung.

Von Martin Porwoll „Whistleblower“. Das ist noch immer ein Wort, mit dem ich kaum etwas anfangen kann. Heute frage ich mich, wie das zusammenpasst, die Last auf meiner Brust und der Fakt ein Whistleblower zu sein. Ich habe einen Ausgang aus einer unerträglichen Situation gesucht und große Hoffnungen mit der Veröffentlichung der Vorgänge in der Apotheke verbunden. Ich dachte, ich könnte das absolut dysfunktionale Kontroll-System ändern. Aber vor allem dachte ich, ich könnte Menschen helfen, die sich in einer schrecklichen Situation befinden. Ich wollte Ihnen die Möglichkeit geben, sich gegen ein Verbrechen, das womöglich an ihnen verübt wurde, zu wehren. Zu handeln war keine Entscheidung, es war meine Pflicht.

Ich dachte, es sei ein Ausgang aus einem unerträglich gewordenen Leben. Aber es war kein Ausgang, es ist ein Eingang gewesen. Ein Eingang in ein anderes Leben. Aber definitiv nicht das Leben, das ich mir erhofft hatte. Ein Eingang ohne Möglichkeit zurück zu kehren. Was als Ausgang, als leuchtendes Tor erschien, entpuppt sich als langer dunkler Tunnel. Ich kann nicht behaupten, dass ich nicht geahnt hätte, was auf mich zukommt, was das alles für meine Familie bedeuten würde. Verlust des Arbeitsplatzes, der Ruf ein Verräter zu sein, keinen neuen Arbeitsplatz zu finden. Ich wusste, dass Whistleblower in Deutschland kaum geschützt sind. Wie schlimm es dann wirklich kommt, kann man sich kaum vorstellen.

„Whistleblower“. Das Wort klingt hübsch, aber für viele ist man auf gut Deutsch ein „Verräter“, ein „Nestbeschmutzer“. Das hat nichts Positives. Ich trage das Wort mit mir wie eine unübersehbare Brandwunde. Natürlich gibt es anerkennende Worte, aber ich höre das Unbehagen zwischen den Zeilen. Dass ich derjenige bin, der zu genau nachgesehen hat. Nach dem wohl-wollenden Händedruck bleibe ich allein. Da stehe ich allein mit dem, was ich getan habe. Allein mit dem schalen Gefühl, etwas getan zu haben, das jeder gutheißt, aber niemand in seiner Nähe haben möchte. Ich habe mir Illusionen gemacht, die langsam aber sicher erodiert sind. Illusionen über die staatlichen Institutionen, welche die betroffenen Menschen aufklären, schützen und ihnen helfen sollten. Schon bald stellte sich bei mir die Erkenntnis ein, dass ich nicht aufhören kann, weiter an der Sache zu arbeiten. Dass aus meinem Whistleblowing eine Verantwortung erwächst. Die Verantwortung dafür zu sorgen, dass sich das System wenigstens an dieser einen Stelle zu Gunsten der Menschen ändert. Am Ende bleibt mir die Hoffnung, in diesem kleinen Bereich die Welt ein wenig besser gemacht zu haben. Was eigentlich zu pathetisch klingt, ist für mich ein Stück Wahrheit geworden. Dies ist meine Gelegenheit, die habe ich ergriffen. Dafür werde ich weiter kämpfen und arbeiten. Das ist mein Glaube daran, dass nur wir selbst die Welt in der wir leben, die konkreten Bedingungen unter denen wir Leben, besser machen können.

Noch ein Wort zur gegenwärtigen rechtlichen Situation für Whistleblower in Deutschland. Entgegen allen vernünftigen und berechtigten Erwartungen steht Whistleblowerschutz auch in dieser Legislaturperiode wieder nicht auf der Agenda der Regierungskoalition. Das Wort kommt im Koalitionsvertrag nicht mal vor. Die Wiederstände gegen ein Gesetz scheinen gewaltig. WBNW hat viele gute und wichtige Dinge in Bewegung gesetzt und auch viel Anerkennung erfahren. Nur: Was nützt das alles, möchte man manchmal fragen, wenn es keine grundlegende Verbesserung der Rechtslage für Whistleblower zur Folge hat? „The proof oft the pudding is in the eating“ heißt es seit dem 14. Jahrhundert.

Aber es gibt auch eine andere Seite. Die gesellschaftliche Einstellung zum Whistleblowing scheint sich mehr und mehr zum Positiven hin zu verändern. Vielleicht durch die vielen wichtigen, uns alle betreffenden Enthüllungen der letzten Zeit – von den Panama-Papers über Luxleaks bis zu Oxfam. Gerade erst hat Martin Porwoll, der die mutmaßliche Krebsmittelpanscherei von Bottrop aufgedeckt und damit beendet hat, in seinem Kündigungsschutzprozess in zweiter Instanz einen sehr guten Vergleich erreicht.

Wir machen darum weiter:  mit unserer politischen Arbeit für ein Gesetz, mit der Unterstützung von Whistleblowern, der Vernetzung mit anderen NGOs, der Beratung von Organisationen und Behörden und mit Öffentlichkeitsarbeit – nicht zuletzt durch die Präsentation unserer Wanderausstellung.

Auch wenn es in der letzten Legislaturperiode wieder nicht zur Verabschiedung eines Whistleblower– Schutzgesetzes gekommen ist, so ist ein Einstellungswandel in der Gesellschaft gegenüber Whistleblower auch für uns Journalisten deutlich spürbar. Die Skandale und finanziellen, ökologischen oder medizinischen Schäden, die sich bei einem angemessenen Whistleblower-Schutz womöglich hätten vermeiden lassen, haben auf je eigenen Art Übrzeugungsarbeit geleistet: das VW-Debakel, die Stickoxid-Belastung unserer Großstädte, die Krebsmittelpanscherei eines Bottroper Apothekers, allfällige Lebensmittelskandale usw.. Forderungen nach Einführung von Hinweisgebersystemen bei Behörden und Unternehmer werden allenhalben erhoben. Whistleblower  – Schutzgesetze gibt es bereits im Finanzbereich (FinDAG, Geldwäschegesetz) und demnächst auch für die Lebensmittelindustrie aufgrund der neuen EU-Kontrollverordnung. Auch wir freie Journalisten glauben: Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis das aktuelle, unzumutbare Vorschriften-Wirrwarr von der nächsten Regierungskoalition mit einem generellen Whistelblower-Schutzgesetz beendet werden wird. Dafür setzt Whistleblower-Netzwerk sich weiter mit aller Kraft ein. Brief an SPD Maas! Kriminalkommissarin

Whistleblower-Netzwerk unterzeichnet offenen Brief zur Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung im Zuge der Jamaika-Koalitionsverhandlungen. Journalistische Politik ist, für eine Zivilgesellschaft die Grundwerte zu erhalten und zurückzufordern! Menschenrechtsverletzungen und Straftaten in Pflegeheime, Pharmaindustrie und Wirtschaft, im Visier der Mauscheleien, wer solche Dinge entdeckt muss das Recht haben Missstände zur Anzeige zu bringen. Menschenrechtsverletzungen sind keine Betriebsgeheimnisse, sie dürfen arbeitsrechtliche für den Whistleblower nicht zur Kündigung führen und Journalisten dürfen deshalb nicht verfolgt und zensiert werden.

Große Koalition – CDU und SPD verpassen Whistleblower-Schutz: Nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen fehlt nach wie vor ein gesetzlich verankerter Whistleblower-Schutz im Koalitionsvertrag. Whistleblowing grenzt in Deutschland immer noch an sozialen und wirtschaftlichen Selbstmord. Daher stößt der Koalitionsvertrag bei Whistleblower-Netzwerk e.V. auf Enttäuschung und Unverständnis – denn in keinem Satz lässt sich der politische Wille feststellen, die rechtliche Schieflage gegenüber Hinweisgebern zu verbessern. Bis heute gibt es in hier nur einige wenige Urteile, die die Rechtslage bestimmen. Bei Fehlen eindeutiger Gesetze, an denen Whistleblower sich orientieren können, sind diese nach wie vor mit großer Rechtsunsicherheit konfrontiert. Dies führt dazu, dass Missstände nicht aufgedeckt und die Öffentlichkeit trotz berechtigen Informationsinteresses über diese im Unklaren gelassen wird. Whistleblower Netzwerk e.V. fordert seit über zehn Jahren gesetzlichen Whistleblower-Schutz, da die Gesellschaft mutige Whistleblower braucht, um Missstände aufzudecken und so zu einem transparenten, demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess beizutragen.

„Unsere Whistleblower, unsere Demokratie und unsere Wirtschaft brauchen endlich ein effektives, umfassendes Whistleblowerschutz-Gesetz“, sagt Annegret Falter, Vorsitzende von Whistleblower-Netzwerk e.V.. Seit 2008 wurden dem Bundestag vier Gesetzesentwürfe für einen mehr oder minder zureichenden Whistleblower-Schutz vorgelegt. Damit verbunden waren jeweils Ausschussanhörungen, in denen rund drei Dutzend Experten und Interessengruppen Notwendigkeit und alternative Ausgestaltungsmöglichkeiten eines Gesetzes diskutiert haben – alle fachlichen Fragen sind geklärt. Die SPD selbst hatte 2012 einen guten Gesetzesentwurf erarbeitet, der jedoch mit dem Wechsel der Partei in die Regierung unter den Tisch fiel. Im Koalitionsvertrag für die letzte Legislaturperiode war bereits vereinbart zu prüfen, ob Deutschland seinen Verpflichtungen zum Whistleblower-Schutz aus ratifizierten internationalen Vereinbarungen nachgekommen sei. Diese Prüfung unterblieb – stattdessen stellte der Deutsche Gewerkschaftsbund in einem eigenen Gutachten schwere Versäumnisse fest, die von Whistleblower-Netzwerk e.V. wiederholt angeprangert wurden. Es bleibt unverständlich, warum der politische Wille für ein höheres Schutzniveau für Hinweisgeber selbst im Lichte jüngster Skandale in der Arzneimittelversorgung und in der Autoindustrie unterbleibt.

Was ist ein Whistleblower?: Auch Journalisten werden zu Whistleblower. Whistleblower sind Menschen mit Zivilcourage. Sie schlagen Alarm, wo es nötig ist. Sie nehmen illegales Handeln, Missstände oder Gefahren für Mensch und Umwelt nicht länger schweigend hin, sondern decken auf. Sie tun dies intern innerhalb ihres Betriebes, ihrer Dienststelle oder Organisation oder auch extern gegenüber den zuständigen Behörden, Dritten bzw. der Presse. Whistleblower handeln selbstlos zum Wohl der Gesellschaft und leisten einen Beitrag zum offenen Diskurs. Whistleblower gehen häufig ein hohes Risiko ein, sie setzen ihren Ruf und ihre Existenz aufs Spiel. Oft werden sie von jenen unter Druck gesetzt, die unbequeme Wahrheiten vertuschen wollen. Whistleblower sind keine Denunzianten, denn sie suchen keinen eigenen Vorteil. Sie folgen ihrem Gewissen, tun oft nur ihre Pflicht – auch dann, wenn es unbequem für sie werden kann.

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