Bunga-Bunga überall! Vom Berlusconi-Sex mit Minderjährigen bis hin zum grossen Datenklau: Die ganze Welt tanzt Bunga-Bunga. Wie lange noch?
Der harte Bunga-Bunga Beat ist mir immer zuwider gewesen. Nicht nur, weil er mich an Italiens ex-Premierminister Silvio Berlusconi und seine Sex-Parties mit Minderjährigen erinnert, wofür er – zu Recht! – zu Wochenbeginn sieben Jahre Haft und das lebenslange Verbot öffentlicher Ämter kassierte. Bunga-Bunga steht für die aus Macht und Geld gespeiste Überzeugung, ungestraft all das tun zu dürfen, was man will – weil man in seiner Hybris keine Instanz mehr anerkennt, die einem dieses Recht streitig machen könnte. Katholische Geistliche in Rom tanzen den Bunga-Bunga, wenn sie sich, wie ebenfalls in dieser Woche entdeckt, von einem ehemaligen Polizisten minderjährige männliche Prostituierte aus Osteuropa zuführen lassen.
Wladimir Putin zwirbelt die russische Zivilgesellschaft zu seinem persönlichen Bunga-Bunga-Rhythmus mit immer neuen Verboten und Einschränkungen. Irische Banker frönten dem Bunga-Bunga, als sie sich auf dem Höhepunkt der Finanzkrise über die Aussicht auf deutsche Hilfsmilliarden aus Steuergeldern amüsierten. Bei der Vatikanbank „Institut für religiöse Werke“ trällert man den Schwarzgeld-Weisswasch-Bunga-Bunga schamlos schon seit Jahrzehnten.
Die Datendiebe der amerikanischen und britischen Geheimdienste, die Pleite-Politiker aus Griechenland, Italien und Spanien, der türkische Premier Tayyip Erdogan, Syriens Mörderpräsident Bashar al-Assad, und, und, und – Sie alle sind Bunga-Bunga-Tänzer, besoffen von der Macht, die sie sich Kraft ihres Amtes und oft an allen Gesetzen und gesellschaftlichen Regeln vorbei angeeignet haben. Macht, die sie dann – zum eigenen Schutz – in wohl portionierten Dosierungen an ihre politischen oder wirtschaftlichen Kumpane weitergeben. Damit die sich, auf unterer Ebene, ihren eigenen auf Gefälligkeiten und Abhängigkeiten gebauten Mini-Bunga-Bunga-Kosmos schaffen.
Es macht schon fassungslos, wie lange die Menschen gebraucht haben, um zu begreifen, wie wenig sie selber von dem frivolen Treiben der Mächtigen haben. Aber allmählich verlieren sie die Lust am Tanz. Die unverhoffte Solidarität in den Hochwassergebieten Deutschlands, die Demonstrationen für Freiheitsrechte und gegen Korruption in Istanbul, Rio de Janeiro und Kairo beweisen: Nach Jahren des „Alles-für-mich-alleine“ liegen neue Töne in der Luft: Ein neuer Rhythmus gegen die Bunga-Bunga-Unkultur. (Johannes von Dohnanyi)
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