Einmal ganz tief Luft holen! Drei Tage auf den Spuren der Walser – In Graubünden! 10 wunderbare Wanderungen in den Bündner Wäldern!

10 wunderbare Wanderungen in den Bündner Wäldern. 30 Prozent der Bündner Fläche sind bewaldet – das schafft jede Menge Platz zum Wandern. Etwa im Waldreservat Crap Furó, im Fichtenurwald im Val Frisal oder auf dem Waldweg Innerferrera. Wandern in Graubünden. 10 Touren zwischen Arvenduft und Auenwäldern. Wandern im Wald.

Von Ellen Gromann: Ein Bilderbuchdorf im warmen Morgenlicht. Schon die ersten Schritte auf dem Walserweg Graubünden begeistern Ellen Gromann. Ihre Weitwanderung auf historischen Pfaden von Obermutten nach Juf hat sie in einen spannenden Bericht gefasst. Wohin geht die Reise? Steht auf dem kleinen Zettel, den ich aus der Schachtel mit Fragen in der Holzkirche von Obermutten fische. Als leidenschaftliche Reisende habe ich natürlich immer ein paar ganz konkrete Ziele vor Augen. Diesmal ist mein Ziel Juf, das höchstgelegene, ganzjährig bewohnte Dorf Europas.

Etappe 7: Obermutten–Zillis–Andeer. Unsere Reise beginnt früh am Morgen in der Walsersiedlung Obermutten bei Thusis auf 1863 m ü. M. Die ersten Sonnenstrahlen schieben sich über den Berg und hüllen das Bilderbuchdorf mit seinen verträumten Maiensässen und das dreihundertjährige Kirchlein in ein warmes Morgenlicht.

Einmal ganz tief Luft holen. Spüren, wie die frische Bergluft jede Faser des Körpers durchströmt und schon kann unser Wanderabenteuer beginnen. Durch lauschige Wäldchen, über blühende Wiesen, vorbei an romantischen Walserhäusern führt der Weg stetig abwärts ins Schamsertal. Bald schon öffnet sich der Blick und in der Ferne erahnen wir unser Ziel. Das ist zwar noch sehr weit weg, aber unsere Füsse tragen uns zuverlässig weiter. Mehrheitlich auf breiten Fahrwegen erreichen wir Zillis. Die Ausstellung zur Kirche St. Martin mit ihrer weltberühmten romanischen Bilderdecke aus dem 12. Jahrhundert ist der ideale Ort, um eine kurze Wanderpause einzulegen und nebenbei etwas Kultur zu tanken. Theoretisch bestünde hier die Möglichkeit, den Weg nach Andeer mit dem Postauto abzukürzen. Wir verzichten darauf und wandern trotz hochsommerlicher Hitze vergnügt weiter.

Nach einem kurzen Anstieg führt der Weg weitgehend eben, am Waldrand entlang. Die Strecke zieht sich aufgrund der Hitze nun doch etwas in die Länge und wir sind froh, endlich die ersten Häuser und das Hotel Fravi mit seinen Zinnen und Türmchen zu entdecken. Müde, aber auch überglücklich und ein wenig stolz erreichen wir nach etwa 4 ½ Stunden unser erstes Etappenziel Andeer. Unser Gepäck wartet hier bereits auf unserem Hotelzimmer. Es wird während der gesamten Wanderung ganz bequem mit dem Postauto von Unterkunft zu Unterkunft gebracht. Besser hätten wir unser erstes Etappenziel nicht aussuchen können. Im modernen Mineralbad Andeer, umgeben von imposanten Bergen, entspannen wir Muskeln und Gelenke. Ein Gang durch das 7 Grad kalte Kneippbecken weckt die Lebensgeister und verhindert den Muskelkater am nächsten Morgen.

Etappe 8: Andeer–Roflaschlucht–Magic Woods–Innerferrera: Am nächsten Tag starten wir nach einem gemütlichen Frühstück wieder in aller Frühe. Wir geniessen es dem Tag entgegenzuwandern. Andeer mit seinen hübsch mit Sgrafitti verzierten Häusern lassen wir schon nach ein paar Schritten hinter uns. Der Weg führt hinauf in den Wald. Weiche Moosteppiche, Heidelbeeren und Erika bedecken den Boden. Das Sonnenlicht funkelt durch die zarten Nadeln der Lärchen und fängt sich in den Tautropfen. Es duftet nach Sommerwald. Vereinzelte Felsenbrocken und prähistorische Schalensteine scheinen als hätten hier Riesen mit Felsblöcken Fussball gespielt und sie dann einfach liegen lassen als sie zerbrachen.

Beim Kraftwerk Bärenburg treffen wir auf den Hinterrhein. Ein schweisstreibender Anstieg über den felsigen Weg bis zum Hotel/Restaurant Rofflaschlucht folgt. Dort wird es Zeit für eine Rast und eine spannende Entdeckung. Eine Türe im Restaurant führt in die aufregende Felsgalerie, die in den Wintern 1907–1914 von Christian Pitschen-Melchior in das Gestein gesprengt wurde. Sie erzählt die beeindruckende Geschichte eines Heimwehbündners, der auszog, um in Amerika sein Glück zu finden, der inspiriert von den Niagarafällen ins Bündnerland  zurückkehrte und sich schlussendlich sein Glück und Auskommen zu Hause schaffte. Wozu in der Ferne das Glück suchen, wenn ein kleines Paradies vor der Haustüre liegt? Es tost gewaltig in der Schlucht, auch wenn der Rhein in diesem trockenen Sommer nur verhältnismässig wenig Wasser führt. Das Wasser hat sich über die Jahrtausende seinen Weg durch die Felsen gebahnt. Der Rhein stürzt in einem Wasserfall über unsere Köpfe in die Tiefe. Ein beeindruckendes Erlebnis!

Erfrischt verzichten wir auch an dieser Stelle auf die Möglichkeit die Strecke mit dem Postauto abzukürzen. Im schattigen und angenehm kühlen Wald geht es weiter über einen felsigen Weg. Bergauf und bergab. Der Averserrhein (Ragn da Ferrera) ist immer an unserer Seite. Sein Wasser hat tiefe Furchen und kleine Kunstwerke, sogenannte Gletschermühlen in die Felsen geschliffen. Wir folgen seinem Lauf und kommen in die Magic Woods, dem magischen Wald. Waren wir dort nicht ohnehin schon die ganze Zeit, frage ich mich? Immer wieder tauchen wir auf unserer gemächlichen Reise in Zauberlandschaften ein und erleben magischen Momente, in denen wir ehrfürchtig staunen über die Schönheit der Natur. Eine Welt, die sich wohl nur dem eröffnet, der sie langsam bereist. In Ausserferrera entschliessen wir uns dann doch auf das Postauto nach Innerferrera umzusteigen. Im Nachhinein eine weise Entscheidung. 4 ½ Stunden sind wir bereits gewandert und es wäre doch noch ein rechtes Stück zu gehen gewesen.

Etappe 9: Innerferrera–Campsut–Cresta–Juf: Mit dem zweiten Krähen des Hahns verlassen wir Innerferrera am nächsten Morgen. Wir folgen der alten Averserstrasse, die entlang des wild romantischen Ferreratales bergauf führt. Durch einen Felstunnel und über eindrückliche Brücken verläuft unser Weg an der Felswand entlang, während tief unten der glasklare Averserrhein durchs Tal rauscht. Tannen und Lärchen, blühende Bergblumen und ein Alpensalamander begleiten unseren Weg, während wir im Schatten der Berghänge aufwärts wandern. Es ist heiss und so entscheiden wir uns an der Abzweigung Valle di Lei in das Postauto zu steigen.

Diese Wanderung soll Genuss sein und keine Schur. Dank der zahlreichen Möglichkeiten die Strecke unterwegs per Postauto abzukürzen ist diese Strecke auch für Weitwanderneulinge gut geeignet. Ein wenig traurig sind wir dann aber schon, dass wir uns nicht weiter durchgebissen haben. Immer wieder bieten sich auf der Fahrt durch das Avers umwerfende Aussichten auf die Bergwelt und in schwindelerregende Schluchten. Ein Traum! Nach einigen Kurven erreichen wir Cresta und schliesslich die Walsersiedlung Juf, die höchstgelegene, ganzjährige bewohnte Siedlung Europas auf 2126 m ü. M. Bergidylle Pur!

Wer wagt gewinnt und in diesem Moment fühlen wir uns, trotz unserer Postauto-Abkürzung wie Sieger. So oder so. Wir haben unser Ziel erreicht und wir haben auf unserer Reise entlang des Walserweges Einblicke in eine traumhafte Bergwelt gewonnen, wie sie schöner kaum sein könnte. Wir sind uns einig: dies war unsere erste, aber ganz sicher nicht unsere letzte Weitwanderung in Graubünden! 20 weitere Etappen warten noch auf uns! A revair! Uf Wiederluaga du schönes Bündnerland!

Eine Weitwanderung auf dem Walserweg ist, auch wenn ich und mein Partner hin und wieder sehr gerne der Wanderlust frönen, eine neue Erfahrung für uns. Aber wo würde man sich lieber auf so ein Abenteuer einlassen, als in der zauberhaften Bündner Bergwelt? Eine dreitägige Wanderung liegt vor uns. Voller Vorfreude, aber auch mit einer guten Portion Respekt starten wir in unser Abenteuer. Es sind die Etappen 7 bis 9 auf dem Walserweg in Graubünden, der in 23 Etappen mit zusammen mehr als 300 km von San Bernardino am Hinterrhein nach Brand im Vorarlberger Rätikon führt. Kontakt: Graubünden Ferien, Alexanderstrasse 24, 7001 Chur, Schweiz, +41 (0)81 254 24 24, contact@graubuenden.ch

Ellen Gromann: Ellen ist eine leidenschaftliche Entdeckerin von Ländern und Landschaften – ganz egal, ob in der Ferne oder vor der Haustüre. Über ihre Entdeckungen, mit und ohne ihre Familie, berichtet sie auf ihrem Reiseblog.

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