Protest lässt sich nicht verbieten! Solidarität mit Katalonien – „für das Recht auf friedliche Selbstbestimmung!”

Die beiden Präsidenten Kataloniens und der Aufbau der Katalanischen Republik: Puigdemont-Vertrauter Torra ist neuer Präsident Kataloniens. Prof. Dr. Axel Schönberger Deutschland. Seit dem 14. Mai 2018 hat Katalonien zwei Präsidenten zur selben Zeit, den legitimen 130. Präsidenten der Generalitat de Catalunya, Carles Puigdemont, den Spanien nach spanischem Recht nicht für abgesetzt erklären durfte und der deswegen in den Augen der Mehrheit der Katalanen nach wie vor ihr legitimer Präsident ist, und den ‘ausführenden’ 131. Präsidenten Quim Torra, der auf Bitte von Carles Puigdemont das Präsidentenamt offiziell für eine Weile übernimmt, um in Abstimmung mit der legitimen, im Exil befindlichen katalanischen Regierung das Land auf dem Weg zur Republik und in die Freiheit voranzubringen.

Daß derjenige Politiker, den eine Mehrheit des katalanischen Parlaments in Übereinstimmung mit dem Wählerwillen als Präsidenten Kataloniens bestätigen wollte, ebenso wie die politischen Gefangenen Jordi Sànchez und Jordi Turull von Spanien daran gehindert wurde, sich der von einer Mehrheit des katalanischen Parlamentes gewünschten Wahl in das Amt des Präsidenten zu stellen, ist eine nicht zu übersehende Schande für das demophobe Spanien. Daß der studierte Volljurist Quim Torra nunmehr bereit ist, als Übergangspräsident bis zur Rückkehr von Carles Puigdemont zu fungieren und dabei das Risiko, von Spanien aus willkürlichem Grund politisch verfolgt und in unbefristete, bedingungslose Schutzhaft genommen zu werden, eingeht, zeugt von Mut und Entschlossenheit.

Eine der für die Unabhängigkeit Kataloniens eintretenden Parteien, die mit vier Abgeordneten im katalanischen Parlament vertretene CUP, hat sich im zweiten Wahlgang am 14. Mai 2018 der Stimme enthalten, um so die Wahl von Quim Torra zum Präsidenten der Generalitat de Catalunya zu ermöglichen. Konsequent trat und tritt die CUP dafür ein, daß das Parlament das Recht habe, Carles Puigdemont zum Präsidenten Kataloniens zu wählen, und sich von Spanien nicht diktieren lassen dürfe, wen es zu wählen habe und wen es nicht wählen dürfe. So wurde Quim Torra mit einer knappen Mehrheit von 66 Stimmen (bei 65 Gegenstimmen und vier Enthaltungen) zum ‘exekutiven’ Präsidenten Kataloniens gewählt.

Am 9. April 1938 wurde der katalanische Rechtsanwalt Dr. Manuel Carrasco i Formiguera auf Befehl des verbrecherischen Massenmörders Francisco Franco ermordet. Seine letzten Worte lauteten: «Visca Catalunya lliure!» — «Es lebe das freie Katalonien!» Unter Bezug auf den bekannten katalanischen Märtyrer bedankte sich Quim Torra am 14. Mai 2018 für seine Wahl bei den Abgeordneten mit eben diesem Zitat: «Visca Catalunya lliure!», bevor die im Parlament versammelten Abgeordneten die katalanische Nationalhymne «Cant dels segadors» sangen.

«Llibertat!», «Freiheit!», ist ein Ruf, den man in Katalonien seit der rechtswidrigen Anwendung des Artikels 155 der spanischen Verfassung, die der spanische Senat am 27. Oktober 2017 ohne hinreichenden Grund beschlossen hatte, häufig hören kann. Quim Torra wird in enger Abstimmung mit dem legitimen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont den Unabhängigkeitsprozeß Kataloniens weiter voranbringen. Sein erklärtes Ziel ist die Errichtung der katalanischen Republik. So sagte er wörtlich:

«Mit der Republik braucht niemand auf etwas zu verzichten. Jeder wird Rechte gewinnen, niemand welche verlieren. Die Republik ist für jeden da.»

Der exekutive Präsident Kataloniens kündigte an, einen verfassungsgebenden Prozeß mit dem Ziel der Errichtung der Katalanischen Republik in Gang zu setzen. Hierzu ist er nach dem Völkerrecht und der rechtswirksamen Erklärung der Unabhängigkeit Kataloniens vom 27. Oktober 2017 auch in vollem Umfang befugt. Der «Rat der Republik» (‘Consell de la República’) wird aus dem Ausland operieren, die katalanische Regierung, das katalanische Parlament und die Kommunalverwaltungen werden den Aufbau der Republik in Katalonien selbst vorantreiben und die «Assemblea de càrrecs electes», die ‘Versammlung ausgewählter Amtsinhaber’, wird gleichfalls eine wichtige Rolle bei dem konstituierenden Prozeß der Republik spielen.

Quim Torra wird des weiteren versuchen, sechzehn für Katalonien wichtige Gesetze, die das katalanische Parlament beschlossen hatte und die vondem bekanntermaßen parteiischen spanischen Verfassungsgericht auf Antrag der spanischen Regierungspartei Partido Popular kassiert worden waren, voranzubringen. Vom Klimaschutz und der Gleichberechtigung über den Sozialstaat und eine Erhöhung des Mindestlohns auf 1.100 Euro monatlich, die Verbesserung des Erziehungssystems und des Gesundheitswesens sowie ein würdiges Rentensystem reichen seine politischen Zielsetzungen, die im Zuge des Aufbaus der unabhängigen Katalanischen Republik verwirklicht werden sollen.

Der auslandserfahrene Jurist und Verleger, der lange in der Schweizer Versicherungsbranche tätig war und sich sehr gut in der katalanischen und spanischen Geschichte auskennt, führte die Oppositionsabgeordneten geschickt vor, als er ihnen vorhielt, daß es unerläßlich sei, daß auch sie die präventive Schutzhaft der politischen Gefangenen und die Kriminalisierung ihrer Ideen ablehnen sollten, was die Meinung einer großen Mehrheit des katalanischen Volkes, nicht aber der politisch rechtsaußen agierenden spanischen Oppositionspolitikerin im katalanischen Parlament Inés Arrimadas ist.

Bezüglich des Konflikts zwischen Spanien und Katalonien äußerte sich der neue exekutive Präsident unmißverständlich, indem er ausführte, daß seine Loyalität und sein Gehorsam ausschließlich dem Parlament Kataloniens und dem Willen der Katalanen gelten. Den vier Abgeordneten der CUP wies er mit konzilianter Rhetorik die Aufgabe zu, darüber zu wachen, daß die beiden Regierungsparteien nie wieder dem Irrtum verfallen sollten, es dabei zu belassen, daß Katalonien lediglich eine autonome Region innerhalb Spaniens bleibe.

Angesichts der Drohungen, die der regionale Vorsitzende der spanischen Regierungspartei Partido Popular in der Parlamentssitzung vom 12. Mai 2018 ihm gegenüber ausgesprochen hatte, erwiderte der exekutive Präsident mit ruhiger Gelassenheit, daß ihm dessen Drohungen keine Angst machten. Und genau dies ist der Weg, auf dem Katalonien erfolgreich sein wird: Die Katalanen wollen und werden sich von der spanischen Unrechtsjustiz und den zahlreichen massiven Menschenrechtsverletzungen nicht einschüchtern lassen, sie werden ihren Weg in die Freiheit aufrecht, standhaft, in heiterer Gelassenheit und Würde gehen und den repressiven Maßnahmen des Madrider Regimes unter Berufung auf ihre Menschenrechte und das in der spanischen Verfassung verankerte Recht jedes der Völker Spaniens, auf friedlichem und demokratischem Wege von Spanien unabhängig zu werden, für Katalonien wahrnehmen und verwirklichen. Spanien hat Katalonien bereits verloren und wird die Folgen der Trennung für sich selbst nur desto schlimmer machen, je mehr es auf die Verweigerung eines politischen Dialogs und auf Gewalt setzt und in menschenrechtswidriger Weise versucht, friedliche politische Akteure rechtswidrig zu kriminalisieren.

Wie das alte Rom hat nun auch Katalonien zwei politische Führer. Die beiden katalanischen Präsidenten sind sich in ihrem Ziel, der Verwirklichung des Menschenrechts auf Selbstbestimmung des katalanischen Volkes, einig. Sofern Spanien weiterhin repressive Maßnahmen gegen Katalonien ergreift und weiterhin gegen die spanische Verfassung, spanisches und internationales Recht sowie die Menschenrechte verstößt, wird der exekutive katalanische Präsident zum Ende des Jahres 2018 Neuwahlen in Katalonien ansetzen. Die Zustimmung zur Katalanischen Republik und zur Unabhängigkeit von Spanien steigt beständig, bereits jetzt würden die Befürworter der Souveränität Kataloniens ihre Mehrheit im katalanischen Parlament um bis zu fünf Sitze ausbauen, und es steht zu erwarten, daß sie zum Jahresende noch weit mehr Stimmen erhalten werden, sofern Spanien weiterhin auf repressive Maßnahmen setzt und katalanische Politiker dadurch, daß es sie zu kriminalisieren versucht, zu Märtyrern für die katalanische Sache macht.

Und die katalanische Wirtschaft floriert bei alledem, weil die in Katalonien tätigen Unternehmer längst in ihrer Mehrheit bemerkt haben, daß die Errichtung der Katalanischen Republik zu einem wirtschaftlichen Aufschwung und großen Gewinnchancen führen wird, so daß es derzeit keinen Grund gibt, in Katalonien nicht zu investieren. Nur ein von spanischer Seite entfachter Gewaltsturm, der freilich Spanien seine Mitgliedschaftsrechte in der Europäischen Union kosten könnte, wäre wohl imstande, den wirtschaftlichen Aufschwung Kataloniens eine Weile auszubremsen.

Das Spanien der Autonomien ist tot, seit und weil Spanien den Artikel 155 der spanischen Verfassung in der bekannten, rechtswidrigen Weise angewandt und dabei sogar organisches Recht des spanischen Staates massiv gebrochen hat, ist das Versprechen Spaniens gegenüber seinen Völkern, daß diese ihr Selbstbestimmungsrecht unter dem Dach des spanischen Staates als ‘Autonome Gemeinschaften’ unbehindert ausüben können, kaum noch glaubwürdig. Das katalanische Volk wird das erste, voraussichtlich aber nicht das letzte der Völker Spaniens sein, das den Mehrvölkerstaat Spanien verläßt. Spanien wird es mittelfristig nicht daran hindern können, auch wenn es kurzfristig den Schaden vor allem für sich selbst noch kurzsichtig mehren mag.

Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten werden sich sehr genau überlegen müssen, ob sie sich zu den Menschenrechten bekennen und massive Menschenrechtsverletzungen, wie sie der spanische Staat seit Monaten in Katalonien begeht, deutlich verurteilen oder ob sie weiterhin schweigen und wegsehen wollen. Wer schweigt, stimmt zu!

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