SPD – besiegelter Untergang? 3 Fragen zum vergangenen Wahlkampf!

SPD vor dem Abschuss?: Schon seit Monaten sinken die Zustimmungswerte der SPD. Bei der Europawahl Ende Mai erreichte die Partei nur noch 15,8 Prozent und wurde hinter den Grünen drittstärkste Kraft. Im Anschluss folgte der Rücktritt von Andrea Nahles. Seitdem beherrschen Personaldiskussionen die deutsche Politik – nicht nur bei der SPD. Carsten Beyreuther, Speaker, Coach, Verkaufstrainer und Geschäftsführer der beyreutherTRAINING Schweiz AG, beantwortet drei Fragen zum vergangenen Wahlkampf der SPD und erklärt, wie Politik und Verkaufen zusammenhängen:

1. Lag die Pleite der SPD an Andrea Nahles oder am Programm?

Die Frage, an wem die Pleite letztlich lag, lässt sich meiner Meinung nach nicht pauschal beantworten. Insgesamt ähneln sich die Programme der einzelnen Parteien immer mehr und es gibt keine erkennbaren Alleinstellungsmerkmale. In der Parteienlandschaft herrscht nur ein sogenannter Scheinwettbewerb. Die meisten Wähler wissen deshalb nicht mehr, wem sie ihre Stimmen geben sollen. Außerdem werden die Bedürfnisse der einzelnen Wähler nie ganz erfüllt. Egal wo sie am Ende ihr Kreuz setzen, sie gehen immer Kompromisse ein. Im Wort „Partei“ steckt schließlich das Wort „Part“, also Teil. Parteien zerlegen das Volk in einzelne Lager, sodass eine Disharmonie entsteht. Deshalb herrscht insgesamt eine Unruhe unter der deutschen Bevölkerung. Anders sieht es in der Marktwirtschaft aus, dort herrscht noch echter Wettbewerb und es gibt Alleinstellungsmerkmale. Aus Verkäufersicht lässt sich eine Partei nämlich mit einem Produkt vergleichen. Wahlprogramme stellen dabei einen Produktkatalog mit aufgeführten Produkteigenschaften dar. Entscheiden sich Wähler für eine Partei und geben dieser die eigene Wahlstimme, schließen sie quasi einen Vertrag ab, den sie vier Jahre nicht kündigen können. Sie verzichten dabei auf ihr Rückgabe-, Widerrufs- oder Gewährleistungsrecht. Nach der Wahl benötigen die Wähler außerdem Geduld, bis die gewählte Regierung Wahlkampfversprechen einlöst. Schlechte Wahlergebnisse lassen sich also insgesamt als Produktunzufriedenheit interpretieren. Diese herrscht unter anderem deshalb, da die Parteien es meines Erachtens nicht schaffen, höhere Bedürfnisse der Wähler wie Sicherheit, Zusammenhalt oder Zufriedenheit zu bedienen.

2. Wären andere Themen die Lösung der Probleme?

Ich denke, dass es für die meisten Wähler insgesamt nicht um einzelne Themen wie Klimawandel oder Flüchtlingspolitik geht. Sie wollen, dass die Regierung ihre Bedürfnisse nach Sicherheit, Zusammenhalt, Zufriedenheit oder Wertschätzung stärker in den Fokus rückt. In der Marktwirtschaft achten Käufer sogar seltener auf den Preis, wenn eine Anschaffung diese Bedürfnisse erfüllt. Politiker blenden meiner Auffassung nach die Grundwerte jedoch immer wieder aus. Vor allem die SPD hat diese Werte in den letzten Jahren zunehmend missachtet – anders noch zu Zeiten von Helmut Schmidt und Willy Brandt. Sie haben der Bevölkerung auch Geduld und schwierige Phasen abverlangt, aber sie förderten durch ihre Politik den Zusammenhalt des Volkes. Dafür bewiesen die Menschen der SPD Treue. Heutzutage rücken Themen wie soziale Gerechtigkeit zunehmend in den Hintergrund. Parteien müssen jedoch ihre Kernthemen herausstellen – und das vor allem diszipliniert. Sie dürfen im Wahlkampf nicht plötzlich ihre Themen und Aussagen anpassen. Menschen mögen keine Veränderungen und wollen in Gewissheit leben. Meiner Auffassung nach hätte die SPD die eigenen Kernwerte schützen und vertreten müssen, ihr Neoliberalismus hat nur die höheren Werte verdrängt. Außerdem hätte die SPD andere Parteien nicht aus Angst vor Wählerstimmenverlusten kopieren sollen. Andrea Nahles und ihre Partei handelten menschlich, als sie versuchten ihr Produkt zu reparieren. Doch so spürten die Wähler nicht mehr ihre Vision.

3. Welche Themen hätte die SPD stattdessen fokussieren sollen?

Die SPD hätte das Thema Sicherheit als einen der höheren Werte im Wahlkampf in den Fokus rücken sollen. Als externer Coach hätte ich der Partei geraten, zunächst einmal die Flüchtlingsursachen klarer zu benennen. Dafür braucht es eine Menge Mut, denn Deutschland trägt eine Teilschuld an der derzeitigen Flüchtlingssituation. Kritikern zufolge unternahm die Politik nichts gegen Kriege gegen Staaten wie Irak oder Afghanistan – und nun kommen viele Menschen aus diesen Ländern nach Deutschland, da ihre Heimat zerstört wurde. Zudem hätte sich die SPD meiner Meinung nach auf die Einhaltung der funktionierenden Rechtsordnung mit Asylrecht, Einwanderungsgesetz und Schengener Abkommen stützen sollen. Politiker vertraten und kommunizierten ihr Vorgehen nicht deutlich genug und einzelne Politiker traten nicht als Vorbilder für die Bevölkerung auf. Deshalb handelten viele pubertär und wählten aus Protest die AfD. Politiker dürfen die Wähler dafür nun aber nicht anklagen, sondern müssen sich selbst reflektieren sowie eigene Fehler eingestehen – und diese auch klar kommunizieren. Die Vermittlung von Vorhaben und Strategien spielt auch in der Politik eine immer bedeutendere Rolle.

Kurzporträt: Carsten Beyreuther zählt zu den renommiertesten Verkaufstrainern im deutschsprachigen Raum und verfügt über 16 Jahre Verkaufserfahrung. Seit mehr als 10 Jahren vermittelt er Verhandlungs- und Gesprächstechniken über wissenschaftlich fundierte Lernsysteme, unter anderem über seine kybernetische 12-Stufen-Technik zur Verkaufsgesprächsführung. In seinen Schulungen und Seminaren greift Carsten Beyreuther selbst zum Telefon, um den Teilnehmern die Strategien live mit echten Kunden vorzuführen. Im Jahr 2012 gründete er die beyreutherTRAINING Schweiz AG, die für die Weiterbildung von Verkaufspersönlichkeiten Präsenzseminare, Online-Online-Akademie, autonomes Training oder Telefon- und Videocoachings anbietet.

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