Die verkauften Roben? OLG Schleswig-Holstein beschließt Auslieferung des katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont!

Prof. Dr. Axel Schönberger Deutschland: Protest lässt sich nicht verbieten! Solidarität mit Katalonien – für das Recht auf friedliche Selbstbestimmung! Zieht Pablo Llarena den Europäischen Haftbefehl gegen den legitimen Präsidenten Kataloniens zurück? Spanische Medien berichten, daß der Kritokrat Pablo Llarena vom Obersten Gerichtshof Spaniens eine Rücknahme des Europäischen Haftbefehls gegen Carles Puigdemont erwäge. Hintergrund dürfte die Furcht sein, daß dieser, sofern er nach Spanien ausgeliefert würde, sogleich vom katalanischen Parlament — getreu dem Ergebnis der Wahlen vom 21. Dezember 2017 — als Präsident der Generalitat de Catalunya wiedergewählt werden könnte. Und genau dies versuchten und versuchen die Madrider Kritokraten ja zu verhindern. In einem solchen Falle würde Pablo Llarena eben abwarten, bis der katalanische Präsident den Boden eines weiteren EU-Staates betritt, um dann erneut einen Europäischen Haftbefehl auszustellen und das Spiel von neuem zu beginnen.

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Die verkauften Roben in Deutschland, wie viel Geld ist hier wieder geflossen?: In Deutschland gibt es keine Rechtssicherheit! Am 12. Juli 2018 wurde ein Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht veröffentlicht, daß der legitime katalanische Präsident Carles Puigdemont an Spanien ausgeliefert werden soll. Hiergegen können seine Anwälte noch eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Der Beschluß sei im folgenden auszugsweise zitiert und teilweise auch kommentiert: « Wie schon in seinem Beschluss vom 5. April 2018 sieht der Senat sich auch jetzt zu einer Vorbemerkung veranlasst: Der von den spanischen Behörden vorgelegte Europäische Haftbefehl darf nach der langjährigen Erfahrung des Senats in Auslieferungssachen als durchaus untypisch bezeichnet werden. In der Rubrik, in der im Rahmen des Formulars des Europäischen Haftbefehls die Straftat nach „Tatzeit, Tatort und Art der Beteiligung der gesuchten Person“ zu bezeichnen ist, beginnt eine immerhin 17seitige Schilderung der historischen Entwicklung der Unabhängigkeitsbemühungen Kataloniens und der Beteiligung verschiedener öffentlicher und politischer Organisationen bzw. Institutionen an diesem Prozess. Die Schilderung der Ereignisse setzt im Frühjahr 2015 ein, obwohl der Verfolgte die ihm vorgeworfenen beiden Straftaten zwischen dem 6. September 2017 und dem 1. Oktober 2017 begangen haben soll. Der laut Bezugnahme im Europäischen Haftbefehl für diesen als nationale Grundlage dienende Beschluss des Obersten Spanischen Gerichtshofes vom 21. März 2018 über „die Anklagerhebung und weitere Maßnahmen“, der zum Verständnis der gegen den Verfolgten erhobenen Vorwürfe zwingend heranzuziehen ist, umfasst 70 Seiten. In ihm wird wiederum zunächst die historische Entwicklung – diesmal ausgehend bereits vom Jahr 2012 – geschildert. Zudem betrifft dieser Beschluss nicht nur den Verfolgten, sondern es werden insgesamt 25 Personen unterschiedlicher Vergehen beschuldigt, die sie zu unterschiedlichen Zeiten und durch unterschiedliche Handlungen begangen haben sollen. Dreizehn von ihnen – darunter der Verfolgte – sollen sich wegen „Rebellion“ schuldig gemacht haben.

Weitere zwölf sollen „Ungehorsam“ begangen haben. Von diesen 25 Personen wiederum sollen 14 – darunter ebenfalls der Verfolgte – tatmehrheitlich eine „Veruntreuung und Unterschlagung öffentlicher Gelder“ begangen haben. »  (Vorbemerkung, S. 4-5). « Soweit die spanischen Behörden dem Verfolgten vorwerfen, an einer „Rebellion“ teilgenommen zu haben, erweist sich seine Auslieferung als unzulässig.» (S. 7).«Denn der Senat beschränkt vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Verpflichtung zur Auslieferung (§ 79 Abs. 1 IRG, Art. 3, 4 RB-EUHb) und der generell gemeinschaftsrechtfreundlichen Auslegung nationaler Normen zwar die Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit nicht auf den Gesichtspunkt des Hochverrats, sondern erstreckt sie darauf, ob der mitgeteilte Sachverhalt nach „irgendeiner“ deutschen Norm strafbar sein kann, auch wenn zwischen den Delikten des Hochverrats und etwa des Landfriedensbruchs eine (vollständige) wertungsmäßige Kongruenz nicht besteht. Gleichwohl hat auch die nochmalige Überprüfung durch den Senat auf der Grundlage des von den spanischen Behörden und vom Generalstaatsanwalt unterbreiteten Sachverhalts ergeben, dass dem Verfolgten nach deutschem Recht weder eine Straftat des Hochverrats noch des Landfriedensbruchs vorgeworfen werden kann: b) Eine Straftat des Hochverrats muss nach Art. 472 des spanischen Strafgesetzbuches „gewaltsam und öffentlich“ und nach der korrespondierenden deutschen Strafvorschrift des § 81 StGB „mit Gewalt“ durchgeführt werden. Es ist schon zweifelhaft, ob der Verfolgte das Ziel der Loslösung Kataloniens aus dem spanischen Zentralstaat in diesem Sinne „mit Gewalt“ verfolgt hat.

Aus den überreichten Unterlagen ergibt sich, dass der Verfolgte die Legitimierung einer Abspaltung gerade mit demokratischen Mitteln, nämlich durch Durchführung einer Abstimmung, erreichen wollte. Entsprechend räumt auch der Eröffnungsbeschluss vom 21. März 2018 (S. 57, Seitenzahlen hier und nachfolgend zitiert nach der deutschen Übersetzung) ein, dass es nicht um den Vorwurf von Gewaltanwendung ging, „die von Beginn als Instrument für das Erreichen der Unabhängigkeit geplant“ war. In diesem Zusammenhang (Eröffnungsbeschluss, S. 31,) wird auch erwähnt, dass noch bis zum 28. (!) September 2017 sich „ein stillschweigender Pakt der Gewaltlosigkeit durchgesetzt“ habe. Die von autonomen Gruppen (Eröffnungsbeschluss, ebd.) in Teile der Abstimmung hineingetragene Gewalt war nicht das Mittel, mit dem der Verfolgte die Unabhängigkeit Kataloniens erreichen wollte. Dass der Verfolgte zu diesem Zeitpunkt etwa erkannt hätte, es sei aussichtslos, die Unabhängigkeit Kataloniens mit demokratischen und legalen Mitteln wie einer Volksabstimmung zu erreichen, so dass als einziger Ausweg ein gewalttätiger Umsturz verbliebe, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls aber scheitert eine Strafbarkeit wegen Hochverrats daran, dass die Ereignisse des 1. Oktober 2017 nicht das Ausmaß von Gewalttätigkeit erreicht haben, das zur Erfüllung des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals der „Eignung“ der Gewalt zur Zweckerreichung erforderlich wäre.

Dabei ist dieses Erfordernis der Eignung nicht nur im deutschen § 81 StGB zu finden, sondern offenbar gleichermaßen auch im spanischen Strafrecht, wie die Ausführungen zur „Geeignetheit“ der Gewaltanwendung im Eröffnungsbeschluss (S. 56) zeigen. Was eine Strafbarkeit wegen Hochverrats gemäß § 81 StGB anbelangt, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 5. April 2018 darauf hingewiesen, dass der in § 105 StGB und § 81 StGB gleichermaßen verwendete Gewaltbegriff ein qualifiziertes Niveau an Gewalt voraussetzt, welches in seiner beabsichtigten Wirkung geeignet ist, die Staatsgewalt dazu zu zwingen, auf die Forderungen der Täter einzugehen (so im Anschluss an BGHSt 32, 165 ff – „Startbahn West“). Hintergrund ist, dass zum einen in einer demokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung das Strafrecht bei politischen Auseinandersetzungen schon aus verfassungsrechtlichen Gründen Zurückhaltung üben muss und dass zum anderen im Vergleich zum Schutz individueller Rechtsgüter mit dem Staat und seinen Institutionen potentiellen Tätern ein ungleich schwerer zu beeinflussender Adressat gegenüber steht (Laufhütte/Kuschel in Leipziger Kommentar-StGB, 12. Aufl., Rn. 17 zu § 81 StGB). Deshalb hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bereits frühzeitig zwar den beabsichtigten „revolutionären Kampf“ mit Opfern und der Verursachung chaotischer Zustände als Fall des Hochverrats angenommen (BGHSt 6, 336, 340), nicht aber etwa Demonstrationen, Boykottaufrufe oder Streiks schlechthin, sondern nur dann, wenn diese zur Lähmung des gesamten öffentlichen Lebens geführt hätten (BGHSt 8, 102, 106). Diese Rechtsprechung hat der BGH in seiner „StartbahnWest“-Entscheidung fortgesetzt. Hierbei steht außer Frage, dass der Tatbestand des Hochverrats ein Unternehmensdelikt im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB darstellt und es deshalb nicht auf einen eingetretenen Erfolg eines hochverräterischen Angriffs ankommen kann. Zu Recht bemerkt der Generalstaatsanwalt, dass eine derart verstandene Strafvorschrift ineffektiv wäre, weil ihr letztlich nur noch symbolischer Charakter zukäme. Andererseits birgt die mit einem Unternehmensdelikt verbundene Vorverlagerung der Strafbarkeitsschwelle die Gefahr, den öffentlichen Diskurs frühzeitig zu kriminalisieren, dies auch dann, wenn etwa Demonstrationen und der von ihnen zweifelsohne ausgehende (auch politische) Druck grundrechtlich geschützt sind.

Denn Demonstrationen sind immer auch ein Element der Druckausübung. Daher kommt es bei der Abschätzung der Wirkung eingesetzter Zwangsmittel gerade auch auf die Pflichtenstellung des Staates und seiner Institutionen sowie die Eignung der eingesetzten Zwangsmittel zur Folgenverursachung an; diese – im Sinne eines potentiellen Gewalterfolgs positive – Bewertung ist nicht nur faktische, sondern normative Tatbestandsvoraussetzung (BGHSt 32, 165, 174). Dass – so der Generalstaatsanwalt – vorliegend keine eindeutige Aussage darüber getroffen werden könne, dass der aufgewendeten Gewalt eine derartige Eignung gefehlt habe, reicht damit gerade nicht aus. Auch nach nochmaliger Prüfung vermag der Senat aber keine positive Bewertung dahin vorzunehmen, dass die Institutionen Spaniens dem durch die Ereignisse am Wahltag ausgeübten Druck nicht hätten standhalten können: Soweit das Auslieferungsersuchen auf tumultartige Szenen an einer Reihe von Wahllokalen abstellt, ist schon nicht erkennbar, dass diese Szenen geeignet waren, ein derartiges Szenario aufzubauen. Zwar spricht vieles dafür, dass die auf dem überlassenen Bildmaterial erkennbaren einzelnen Handlungen an den dargestellten Orten und weitere vom Untersuchungsbericht dargestellte Verletzungshandlungen zum Nachteil der Nationalpolizei für sich genommen jeweils andere Straftatbestände – namentlich Körperverletzungsdelikte, Widerstandsdelikte oder auch Landfriedensbuch – verwirklichten. Über die annehmbar gegebene Strafbarkeit der einzelnen Vorfälle und der etwa auf den vorgelegten Video-Aufnahmen erkennbaren Täter hinaus sieht der Senat aber nicht, dass und weshalb die verfassungsmäßige Ordnung des spanischen Staates schon durch diese Einzelaktionen ernsthaft bedroht worden wäre. Am Wahltag selbst gab es nach den mitgeteilten Informationen über das ganze Land verteilt 2.259 Wahllokale.

Vor 17 dieser Wahllokale kam es auf den Straßen zu Auseinandersetzungen. Es sind dann an diesem Tag im ganzen Land auch nur 58 von 6.000 eingesetzten Nationalpolizisten bei diesen Auseinandersetzungen verletzt worden. Über diese Vorgänge hinaus teilen weder der Europäische Haftbefehl noch der Eröffnungsbeschluss Ereignisse des Wahltages mit, die als zur Herbeiführung eines Umsturzes geeignet bezeichnet werden könnten. Jedenfalls nach dem Inhalt dieser Auslieferungsunterlagen hat es – unmittelbar ausgelöst durch das Referendum am 1. Oktober 2017 – keine großflächigen Straßenschlachten, keine Brandstiftungen oder Plünderungen gegeben. Weder Tränengas noch Wasserwerfer mussten eingesetzt werden. Zum Gebrauch von Schusswaffen ist es nicht gekommen. Anderes folgt auch nicht daraus, dass den ergänzenden Informationen des Obersten Spanischen Gerichtshofes vom 26. April 2018 zufolge es landesweit in Katalonien „an den letzten Septembertagen und den ersten Tagen im Oktober des Jahres 2017“ zu verschiedenartigen Ausschreitungen kam. So soll es etwa Großdemonstrationen und Bedrohungen von Unternehmern, die die Nationalpolizei beherbergten oder belieferten, gegeben haben. Auch sollen Straßen- und Schienenwege – unter anderem mit Hilfe hunderter Traktoren oder durch brennende Barrikaden – landesweit blockiert worden sein. Diese Ereignisse werden nämlich von der spanischen Justiz weder zeitlich noch ursächlich direkt mit dem Referendum vom 1. Oktober 2017 in Zusammenhang gebracht. Sie werden auch weder zur Begründung des Eröffnungsbeschlusses noch des Europäischen Haftbefehls heran gezogen.

Sie werden nicht dazu benutzt, die persönliche strafrechtliche Verantwortung des Verfolgten zu begründen. Insoweit heißt es vielmehr – wie erwähnt – im Eröffnungsbeschluss (S. 57) lediglich, der Verfolgte und die übrigen Initiatoren hätten zwar nicht von Beginn an Gewalt als Instrument für das Erreichen der Unabhängigkeit eingeplant, hätten aber – trotz der Warnung durch die Ereignisse des 20. September 2017 – an der Durchführung des Referendums festgehalten und dabei das Risiko in Kauf genommen, dass es im Zusammenhang mit der Durchführung des Referendums auch zu Gewalttaten kommen könne. Schließlich führt es auch nicht weiter, dass dem Verfolgten und anderen katalanischen Politikern vorgeworfen wird, die katalanische Regionalpolizei dazu angehalten zu haben, die Durchführung des Referendums „sicherzustellen“. Soweit hierin die Aufforderung eines Blockierens der Polizeikräfte der Zentralregierung gesehen werden könnte, ist bereits nicht ersichtlich, dass der Verfolgte und andere tatsächlich die katalanische Regionalpolizei zum Angriff auf die Guardia Civil oder die Nationalpolizei angehalten hätten; von derartigen Vorfällen teilen der Europäische Haftbefehl und der Eröffnungsbeschluss vom 21. März 2018 auch nichts mit. Insofern wird man auch – anders als es der Generalstaatsanwalt in seiner Antragsschrift sieht – nicht die Behauptung aufstellen können, der Verfolgte habe durch Einsatz einer Übermacht von 17.000 Regionalpolizisten gegenüber 6.000 Nationalpolizisten gewaltsame Rechtsbrüche durchsetzen wollen. Zunächst dürfte die Zahl von 17.000 Polizeibeamten in diesem Zusammenhang wohl nicht zutreffen. Nach dem Inhalt des nationalen spanischen Haftbefehls vom 3. November 2017 (dort S. 4) handelte es sich dabei vielmehr um die Gesamtstärke der katalanischen Regionalpolizei. Aus dem Eröffnungsbeschluss vom 21. März 2018 (dort Fn. 52, Buchstabe e, S. 34) wiederum ergibt sich, dass am 1. Oktober 2017 lediglich 7.000 Regionalpolizisten eingesetzt waren, wobei zusätzlich danach der Vorwurf der spanischen Justiz gegen den Verfolgten gerade darin liegt, er habe bewusst weniger (als die sonst bei Wahlen üblichen 12.000) Polizisten eingesetzt, um Kontrollen möglichst ineffektiv zu gestalten.

Soweit die regionale Polizei sich lediglich passiv oder unkooperativ verhielt, mögen auf diese Weise im Einzelfall Einsätze der Zentralkräfte gegenüber Demonstranten und Besuchern der Wahllokale und daher die Erreichung des Ziels, die Abhaltung des Referendums zu verhindern, erschwert worden sein. Insoweit sieht der Senat aber nicht, dass bereits die Abhaltung des Referendums – mag es auch verfassungswidrig gewesen sein – selbst zwangsläufig eine Abspaltung Kataloniens oder auch nur ein über diese Situation hinausgehendes Aushebeln spanischer Staatlichkeit bedeuten musste. Es mag sein, dass Mitstreiter des Verfolgten hierin einen notwendigen Zwischenschritt in die vollkommene Unabhängigkeit gesehen haben. Gerade der Verfolgte selbst hat hierin aber nur den Auftakt zu Verhandlungen sehen wollen.» (S. 7-13).Zur Verneinung des Vorwurfs des Straftatbestandes des Landfriedensbruches im Sinne des deutschen Rechts:«Schon einen Tatwillen zur Begehung von Ausschreitungen besaß der Verfolgte nicht. Vielmehr hat er wiederholt die unbedingte Notwendigkeit friedlichen Vorgehens betont. Er war kein „geistiger Anführer“ von Gewalttätigkeiten. Einen von ihm stammenden „Schlachtplan der Gewalttätigkeiten“ gab es auch nach der Darstellung der spanischen Behörden nicht. Ihm und seinen Mitstreitern ging es nicht um eine Blockade der Nationalpolizei oder gar die Herbeiführung bürgerkriegsähnlicher Zustände auf den Straßen, sondern allein darum, möglichst vielen Wählerinnen und Wählern die Teilnahme an einem Referendum zu ermöglichen, welches – wie erörtert – lediglich vorbereitenden Charakter für weitere politische Verhandlungen haben sollte. Zwar mag dieses als solches verfassungs- und damit rechtswidrig gewesen sein. Und auch der Senat geht davon aus, dass die Zentralkräfte aus ihrer Sicht dies rechtmäßig verhindern wollten.

Allerdings musste dies aus Sicht des Initiators eines Referendums nicht die Zwangsläufigkeit von Gewaltszenarien im Sinne eines Landfriedensbruchs bedeuten. Er hätte nämlich auch annehmen dürfen, dass die Zentralgewalt es hätte ausreichen lassen können, die Ergebnisse eines derartigen Referendums schlicht für rechtswidrig und unwirksam zu erklären oder allenfalls deeskalierende Polizeieinsätze vorzunehmen. Auch fehlte dem Verfolgten die für die Strafbarkeit des „Organisators“ erforderliche Möglichkeit der Kontrolle des Geschehens. Dies ist für eine täterschaftliche Beteiligung die schon nach allgemeinen Grundsätzen erforderliche Tatherrschaft dahin, dass „die aus der Menge verübten Gewalttätigkeiten oder Bedrohungen …“ dem Täter „nach allgemeinen Grundsätzen als eigene Tat zuzurechnen sind“ (so gerade auch der BGH in der „Startbahn West“-Entscheidung BGHSt 32, 165, 178). Dies ist für die nach heutiger Fassung des § 125 StGB der täterschaftlichen Begehung im Wesentlichen gleichgestellte Teilnahme der objektiv fördernde und als solcher subjektiv erkennbare Charakter des geleisteten Tatbeitrags. Gerade wegen der durch die heutige Fassung der §§ 125 ff. StGB erfolgten Vorverlagerung der Strafbarkeit sind wirksame Grenzziehungen auf diesen Ebenen erforderlich, soll nicht § 125 StGB ein bloßes Gefährdungsdelikt darstellen. Dieser Weg wird in der Praxis der deutschen Rechtsprechung auch nicht gegangen, sind doch veröffentlichte Entscheidungen nicht ersichtlich, welche schon die lediglich abstrakte Unterstützung oder Ermöglichung von Geschehnissen, aus denen heraus Gewalthandlungen entstehen könnten, unter Strafe stellen. Stets geht es vielmehr um die Frage, in welchem Verhältnis selbst ein bloßer Teilnehmer zu konkreten Gewalthandlungen stand (so etwa BGH NStZ 2009, 28 f; BGHSt 62, 178 ff.). Auch danach fehlt es aber an einer Strafbarkeit des Verfolgten. Auf der Basis der mitgeteilten Informationen war er nicht der Planer, Organisator oder auch nur Unterstützer eines voraussehbaren konkreten Gewaltgeschehens.

Eben weil die späteren Ereignisse am Wahltag nicht (von ihm) geplant und organisiert waren, fanden sie spontan und nach Ort, Zeit und Ablauf unvorhersehbar statt. Deshalb konnte der Verfolgte sie auch nicht steuern oder anderweitig beeinflussen.» (S. 16-17).Zum Vorwurf der Veruntreuung öffentlicher Gelder («Korruption»), wegen dessen Deutschland den katalanischen Präsidenten nunmehr an Spanien ausliefern solle:«Soweit es den Vorwurf der „Korruption“ in Form der „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ betrifft, ist die Auslieferung hingegen zulässig. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 5. April 2018 darauf hingewiesen, dass und warum seine Prüfungskompetenz in diesem Punkt eingeschränkt ist. An dieser Einschätzung hält der Senat fest. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt er auf den genannten Beschluss Bezug. Lediglich zusammenfassend soll hier noch einmal darauf hingewiesen werden, dass es sich bei diesem Vorwurf um eine „Katalogtat“ im Sinne des § 81 Nr. 4 IRG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl handelt. In einem solchen Fall ist das Vorliegen beiderseitiger Strafbarkeit grundsätzlich nicht zu prüfen. Vielmehr beschränkt sich die Prüfung auf die Frage, ob die Zuordnung des Geschehens zu der entsprechenden Deliktsgruppe plausibel ist und allenfalls auf die weitere Frage, ob der geschilderte Geschehensablauf schlüssig ist (OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2007, 376). Maßgeblich für die Zuordnung eines Tatvorwurfes zu bestimmten Deliktsgruppen ist im Ausgangspunkt die Ansicht des ersuchenden Staates. Dies räumt auch der Verfolgte ein, trägt jedoch vor, dass eine solche Einordnung dann unverbindlich sei, wenn sie „willkürlich oder mit den zugrundeliegenden Tatsachen unvereinbar“ erscheine. Derartiges vermag der Senat aber nicht festzustellen. Für die Klassifizierung eines Sachverhalts als Katalogtat gibt es weder eine genaue Definition noch eine einheitliche Begrifflichkeit (OLG Frankfurt, NStZ-RR 2011, 341). Sowohl Korruption als auch Veruntreuung sind gleichermaßen gekennzeichnet durch den Missbrauch der Befugnisse eines übertragenen öffentlichen Amtes.

Es würde dem Grundgedanken des gemeinsamen europäischen Rechtsraums widersprechen, wollte man in diesem Zusammenhang allein nationale Begriffe und Kategorien gelten lassen. Die europäischen Staaten haben sich im Bewusstsein der Ungenauigkeiten und mancher Abgrenzungsschwierigkeiten dennoch entschlossen, diesen Katalog von Straftaten aufzustellen, die jedenfalls in ihrem Kern so weit in den einzelnen Ländern vergleichbar sind, dass auf eine ausdrückliche Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit verzichtet werden kann. Wollte man dies anders sehen, so merkt der Senat lediglich vorsorglich an, dass nach abschließender Prüfung hinsichtlich der insoweit erhobenen Vorwürfe sich der Verfolgte auch nach dem deutschen Maßstab wegen Untreue gemäß § 266 StGB strafbar gemacht haben dürfte. Auch die zugrundeliegende Sachverhaltsschilderung ist – gemessen an dem dargestellten eingeschränkten Prüfungsumfang – schlüssig. Der Verfolgte wollte – selbstverständlich – die mit der Durchführung des Referendums verbundenen Kosten aus Mitteln des öffentlichen Haushalts begleichen, wie das Gesetz 4/2017 und die „Zusatzbestimmung 40“ zeigen. Diese Regelungen wurden durch Urteil des spanischen Verfassungsgerichts (Az.: STC 90/2017) vom 5. Juli 2017 für nichtig und verfassungswidrig erklärt. Trotzdem hat die katalanische Regierung – und mit ihr an erster Stelle der Verfolgte – durch Beschluss vom 7. September 2017 die verschiedenen Behörden ermächtigt, „alle notwendigen Maßnahmen und Verträge abzuschließen, um das Referendum durchzuführen“ (Darstellung laut Eröffnungsbeschluss vom 21. März 2018, S. 28). Dies beinhaltet natürlich auch die Zusage der Kostenübernahme durch die öffentlichen Haushalte. Wie und wodurch diese entstehen würden, war dem Beschluss zu entnehmen, weil im Einzelnen die von den verschiedenen Behörden vorzunehmenden Maßnahmen aufgelistet wurden. Mit dieser Anordnung hat sich der Verfolgte über die Entscheidung des Verfassungsgerichts hinweggesetzt.

Dass die Vorbereitung und die Durchführung des Referendums nicht möglich sein würden, ohne dass hierdurch Kosten entstanden, liegt auf der Hand und war im Übrigen den Beteiligten durch die juristischen Auseinandersetzungen um vorangegangene vergleichbare Geschehnisse bekannt. Diese boten auch in etwa einen Anhaltspunkt dafür, wie hoch die Kosten im Zusammenhang mit dem Referendum sein würden. Im Laufe des Verfahrens haben die spanischen Behörden mehrfach weiteres umfangreiches Material nachgereicht, durch das die Aufschlüsselung der verursachten Kosten auf einzelne Verpflichtungen, Verträge und Ausgaben belegt werden soll. Die hierzu gemachten Angaben waren – was in einem laufenden Ermittlungsverfahren nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit ist – nicht immer konstant. Dies führt jedoch nicht etwa – wie der Verfolgte annimmt – dazu, das Vorbringen der spanischen Behörden zu diesem Punkt müsse (inzwischen) als in Gänze unschlüssig betrachtet werden, so dass es als Grundlage für ein Auslieferungsverfahren nicht mehr dienen könne. So läge es nur, wenn – wie entschieden worden ist (OLG Celle NStZ-RR 2009, 313) – „die wesentlichen Bestandteile der Ausschreibung sich gleich einem Mosaik erst mühsam aus einem Konvolut von Mitteilungen erschließen“ würden. So verhält es sich hier aber nicht. Denn zum einen entspricht die nachgängig zum Eröffnungsbeschluss vom 21. März 2018 voranschreitende Präzisierung der Vorwürfe der erwähnten Dynamik eines noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens. Zum anderen haben die spanischen Behörden die einzelnen Ermittlungsergebnisse hinsichtlich der Verwendung öffentlicher Mittel offenbar in der Annahme ergänzend übersandt, der Senat halte sich für verpflichtet, auch diese Details zu überprüfen. Dem ist jedoch nicht so. Die einzige Nachfrage, die der Senat – ausgehend von einer mehrdeutigen Übersetzung der Unterlagen – hatte, war die Frage, ob nach spanischem Recht der Vorwurf der Untreue bereits dann begründet sei, wenn zu Lasten des öffentlichen Haushalts Verpflichtungen eingegangen werden, diese aber noch nicht erfüllt wurden. Diese Frage hat die spanische Justiz bejahend beantwortet.

Dem Senat erscheint dies plausibel, denn auch im deutschen Recht reicht für die Erfüllung des Tatbestands der Untreue der Eintritt eines Gefährdungsschadens zur Vollendung der Tat aus. Der Begriff der sogenannten „schadensgleichen Vermögensgefährdung“ wird von der Rechtsprechung in Deutschland seit Jahrzehnten anerkannt. Zumindest eine solche – und dem Verfolgten aus seiner damaligen Position heraus auch zurechenbare – Vermögensgefährdung ist durch die spanische Justiz plausibel vorgetragen. Anders läge es nur, wenn Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich wären, dass öffentliche Gelder bisher überhaupt nicht geflossen sind und auch künftig keine Verpflichtungen drohen, weil etwa – wie von vornherein geplant – sämtliche Ausgaben durch Dritte finanziert wurden oder finanziert werden sollen. Hiervon kann aber auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Verfolgten keine Rede sein. Die Frage, wie die Kosten im Einzelnen verursacht und auf welche Ressorts sie verteilt wurden, sowie die Frage, ob und in welcher Höhe hierdurch tatsächlich finanzielle Schäden eingetreten sind, berührt den Umfang des Tatverdachts und möglicherweise das Ausmaß der Schuld des Verfolgten. Dies zu klären, ist ausschließlich Sache der spanischen Justiz. Der Senat hat sich hiermit nicht zu befassen. Anhaltspunkte dafür, dass der Senat wegen besonderer Umstände ausnahmsweise eine Tatverdachtsprüfung vorzunehmen hätte (§ 10 Abs. 2 IRG), liegen nicht vor.» (S. 17-20).

Damit überläßt es das OLG Schleswig-Holstein der spanischen Justiz, den Vorwurf der mißbräuchlichen Verwendung öffentlicher Gelder zu klären. Daß die katalanische Regierung unter Carles Puigdemont in dem behaupteten Zeitraum überhaupt nicht in der Lage war, selbständig Geld auszugeben, sondern vielmehr jeder Euro von Spaniens Finanzminister Montoro kontrolliert wurde, und daß dieser öffentlich und mehrfach erklärt hatte, daß das katalanische Referendum nicht aus öffentlichen Mitteln finanziert worden sei, war nicht Gegenstand der Prüfung der deutschen Richter.Sofern der spanische Kritokrat Pablo Llarena die Auslieferung des katalanischen Präsidenten «nur» wegen des Vorwurfs der Korruption akzeptieren würde, müßte er die gegen diesen in Spanien bereits eingeleiteten Maßnahmen — Prozeß wegen «Rebellion» in Abwesenheit, damit verbunden die Aberkennung des Abgeordnetenmandats und der parlamentarischen Immunität des katalanischen Präsidenten — wieder zurücknehmen, so daß der effektive Präsident Kataloniens, Quim Torra, zurücktreten und der legitime Präsident, Carles Puigdemont, wieder vom Parlament in sein Amt eingeführt werden könnte. Carles Puigdemont wäre damit wieder Abgeordneter des katalanischen Parlaments mit aktivem und passivem Wahlrecht. Pablo Llarena könnte aber, sobald er den katalanischen Präsidenten in seiner Gewalt hätte, einfach andere Straftatbestände behaupten — etwa den der «Sedición», den er zunächst verworfen hatte —, um Carles Puigdemont eine faktisch lebenslängliche Freiheitsstrafe aufzubürden.Sollte Carles Puigdemont tatsächlich an Spanien ausgeliefert werden, so wäre weder mit einem fairen Verfahren noch mit einer fairen Behandlung zu rechnen, sondern eher ein ‘zufälliges Ableben’ in einer spanischen Strafvollzugsanstalt zu erwarten.

Eine Auslieferung der Symbolfigur der katalanischen Nation an Spanien könnte aber das Faß zum Überlaufen bringen und dazu führen, daß der bislang friedliche Protest in Katalonien auch auf andere Weise weitergeführt würde. Man kann nur hoffen, daß es nicht dazu kommt.Für einen unvoreingenommenen Beobachter und Kenner der Lage in Spanien dürfte unzweifelhaft ersichtlich sein, daß der katalanische Präsident aus politischen Gründen von Spanien verfolgt wird. An sich ist es Deutschland aufgrund der Genfer Konvention jedoch verboten, politisch Verfolgte in diejenigen Länder auszuliefern, in denen sie wegen ihrer politischen Ideen und Ziele verfolgt werden. Die Durchführung des Referendums vom 1. Oktober 2017 erfolgte im Rahmen des zwingenden internationalen Rechts und verwirklichte das Menschenrecht auf Selbstbestimmung. Selbst wenn in diesem Zusammenhang staatliche Gelder Kataloniens verausgabt worden wären, könnte der Vorwurf der Veruntreuung öffentlicher Mittel daher nicht zutreffen. Und daß nach spanischem Recht der Oberste Gerichtshof, der erst- und letztinstanzlich zugleich das Verfahren gegen den katalanischen Präsidenten führt, in erster Instanz gar nicht zuständig wäre und insofern auch keinen Europäischen Haftbefehl ausstellen dürfte, fand offenbar keine Beachtung.Eine Auslieferung des katalanischen Präsidenten an Spanien dürfte in sich eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung darstellen. Sofern sie erfolgen sollte, werden sich die auf deutscher Seite hieran Beteiligten diesem Vorwurf zu stellen haben. Es stünde Deutschland nicht gut an, zum zweiten Mal in seiner Geschichte einen katalanischen Präsidenten an die spanische Unrechtsjustiz — und als diese muß man sie in der Katalonien-Frage bezeichnen — auszuliefern.

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