Maulkorb NEIN Danke! Ein Angriff auf die Zivilgesellschaft! Verbände kämpfen für ihre Lebensgrundlagen!
Greenpeace: In der vergangenen Woche habe ich Sie, die RRRedaktion und tausende weitere Förderer und Unterstützer darüber informiert, dass es bei Greenpeace Hausdurchsuchungen gab. In den folgenden Tagen erreichten mich mehr als 500 Mails, Anrufe und Briefe. Viele davon waren sehr ermutigende Solidaritätsbekundungen, über die ich mich sehr gefreut habe. Es gab aber auch immer wieder besorgte Nachfragen, wieso Greenpeace Ziel einer solchen Maßnahme geworden ist und warum in diesem Ausmaß. Ich möchte Ihnen deshalb heute Antworten auf die häufigsten Fragen geben, die Sie mir gestellt haben. (Das Buch „Glaube nichts und prüfe selbst“ ist da, HIER bestellen.)
Hausdurchsuchungen nach friedlichem Protest: Am 7. November bekamen nicht nur fünf Greenpeace-Büros in Hamburg und Berlin Besuch von Polizei und Staatsanwaltschaft, auch über 20 Privatwohnungen waren betroffen. Ich habe erfahren, dass dabei Handys und Laptops beschlagnahmt wurden. Mit dieser ungewöhnlich massiven Maßnahme will die Staatsanwaltschaft in Berlin in Erfahrung bringen, wer am 26. Juni 2018 an der Protestaktion an der Siegessäule in Berlin beteiligt war, bei der mit Wasserfarbe ein gelbes, weithin sichtbares Sonnensymbol auf die Fahrbahn gemalt wurde und ob es sich dabei um einen „gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“ gehandelt hat.
Ein Vorwurf, der nicht zutrifft. Denn ich kann Ihnen versichern, dass die Greenpeace-Aktivisten während des symbolischen und friedlichen Protests an der Siegessäule die Auto- und Radfahrer mit großen Schildern und in Warnwesten auf eine mögliche Rutschgefahr hingewiesen haben. Während die Aktivisten protestierten, kam es zu keinem Unfall. Als die Polizei eintraf, schickte sie die Aktivisten allerdings weg. Wir bedauern sehr, dass es danach zu Stürzen bei einer Radfahrerin und einem Motorradfahrer kam. Nach unserer Kenntnis wurde dabei niemand verletzt – aber der Radfahrerin ging dabei ihre Brille kaputt. Ihren Schaden haben wir genauso schnell und unkompliziert bezahlt wie die Reinigung der Fahrzeuge jener Autofahrer, die sich wegen gelber Wasserfarbverschmutzungen auf ihren Autos gemeldet hatten.
Zu keinem Zeitpunkt gab es eine Gefährdung der Bevölkerung oder Umwelt durch den Einsatz der Wasserfarbe. Greenpeace hat die Behörden von Anfang umfassend über die eingesetzte Farbe informiert und die Kosten der Fahrbahnreinigung durch die Berliner Verkehrsbetriebe in Höhe von rund 14.000 Euro sofort bezahlt. Häufig haben Sie mich gefragt, warum denn dann bei den Ermittlungen von den ermittelnden Behörden ein so massives Mittel wie Hausdurchsuchungen eingesetzt wurde. Ich kann Ihnen darauf auch noch keine befriedigende Antwort geben.
Justizsenator überprüft Verhältnismäßigkeit: Deshalb bin ich auch vorgestern nach Berlin gefahren, als dort der Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten im Abgeordnetenhaus des Landes tagte und die Abgeordneten kurz über die Hausdurchsuchungen bei Greenpeace informierte. Der Justizsenator Dr. Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) kündigte dabei an, die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen der Staatsanwaltschaft zu überprüfen. Diese Initiative begrüße ich, denn auch unser Rechtsanwalt sieht die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt. Ich habe mich auch sehr über die spontane Unterstützung der Geschäftsführer von Naturschutzring, BUND, Umwelthilfe, Nabu und WWF gefreut, die in einem Brief an Michael Müller (SPD), den Regierenden Bürgermeister von Berlin, die Hausdurchsuchungen scharf kritisierten. Alle empfinden das Vorgehen der Staatsanwaltschaft als einen massiven Angriff auf die Arbeit von unabhängigen Umweltorganisationen. Wir brauchen Ihre Unterstützung jetzt. Für den Klimaschutz und – nach den Hausdurchsuchungen – für die auch in Zukunft notwendige Arbeit von Greenpeace.
Kreativer Protest zum Schutz des Klimas geht weiter: In den kommenden Wochen findet in Polen der Weltklimagipfel statt und in Berlin geht die Kohlekommission in ihre entscheidende Phase. Ich bin sehr gespannt, ob wir bei der Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens vorankommen und ob wir in Deutschland tatsächlich einen entscheidenden Schritt für einen raschen Kohleausstieg machen. Ich verspreche Ihnen, dass wir bei Greenpeace alles daran setzen, dass die Politik wirksame Klimaschutzmaßnahmen wie den Kohleausstieg endlich in Angriff nimmt. Mutige, bunte, einfallsreiche und friedliche Protestformen werden auch weiterhin ein besonderes Kennzeichen der Arbeit von Greenpeace sein. Und auf Versäumnisse der Politik beim Klimaschutz werden und müssen wir auch in Zukunft hinweisen. Mich würde es sehr freuen, wenn möglichst viele von Ihnen am 1. Dezember in Berlin oder Köln zum Schutz des Klimas und für einen sofortigen Kohleausstieg auf die Straße gehen und auf einer der beiden Demonstrationen ein Signal an die Politik senden. (Dr. Christian Bussau Greenpeace-Kampaigner)
Rückblick: Wir sind empört. Heute fanden an vielen Greenpeace-Standorten in ganz Deutschland und in Privatwohnungen Hausdurchsuchungen statt, etwa in der Hamburger Greenpeace-Zentrale, im Materiallager und im Berliner Büro. Die Staatsanwaltschaft in Berlin reagiert damit vier Monate später in nicht nachvollziehbarer Weise auf den friedlichen Protest von Greenpeace-Aktivisten zum Start der Kohlekommission: Mit Wasserfarbe verwandelten sie am 26. Juni 2018 den Verkehrskreisel um die Berliner Siegessäule in ein gelbes, weithin sichtbares Sonnensymbol. Der Vorwurf lautet, bei der Aktion hätte es sich um einen „gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“ gehandelt. Mit der Maßnahme will die Staatsanwaltschaft in Erfahrung bringen, wer an der Aktion beteiligt war – an einem kreativen, friedlichen Protest für den überfälligen Kohleausstieg. Wir finden: Das ist ein unverhältnismäßiger Angriff auf die Zivilgesellschaft.
Greenpeace, wir kämpfen für unsere Lebensgrundlagen: Greenpeace gerät gelegentlich mit Politik und Wirtschaft aneinander. Denn das ist unsere Aufgabe! Seit 1980 weisen unsere Aktivisten in Deutschland auf Umweltvergehen hin, skandalisieren das Nichthandeln der Verantwortlichen und zeigen Lösungen auf. Rund 580.000 Förderer wie Sie stärken uns den Rücken. Deswegen können wir dort Druck ausüben, wo Veränderung möglich und nötig ist. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ist allerdings in nahezu 40 Jahren Geschichte beispiellos. Greenpeace-Aktivisten gehen bei ihren Aktionen stets friedlich und mit hoher Sorgfalt vor, um Beteiligte nicht zu gefährden. Für ihren Protest nehmen Greenpeace-Aktivisten geltende Rechte in Anspruch. Dazu gehören das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Demonstrationsrecht – beides Grundrechte unserer Verfassung.
Ein Angriff auf die Zivilgesellschaft: Eine lebendige Demokratie braucht kreativen und friedlichen Protest für den Schutz unseres Planeten. Wenn friedliche Meinungsäußerung unterdrückt wird, sind die demokratischen Grundrechte in diesem Land in Gefahr. Wie wichtig eine starke Zivilgesellschaft für unser Land ist, hat die Entwicklung der letzten Wochen rund um den Hambacher Wald gezeigt. Die Gerichte folgten der Argumentation von Umweltschützern, dass wirtschaftliche Interessen sich der klimapolitischen Vernunft unterordnen müssen. Mit dem Ergebnis, dass der Hambacher Wald bleibt. Ich verspreche Ihnen: Wir lassen uns auch in Zukunft weder einschüchtern noch mundtot machen. Wir stehen auch weiterhin für den mutigen, bunten, einfallsreichen Protest, den Sie von Greenpeace kennen. Wir werden Sie in den kommenden Tagen auf unserer Homepage und per Newsletter weiter informieren. (Dr. Christian Bussau) Bleiben Sie mit uns in Verbindung!
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