Überleitungsvertrag und „Feindstaatenklauseln“ im Lichte der völkerrechtlichen Souveränität der Bundesrepublik Deutschland!

Deutscher Bundestag – Wissenschaftliche Dienste!: Die Souveränität der Bundesrepublik wurde in den Jahren 1949 bis 1955 in verschiedenen Bereichen durch Vorrechte der Alliierten gegenüber der deutschen Staatsgewalt eingeschränkt. Exemplarisch sollen zwei wichtige Vorrechte der Alliierten aus der Frühphase der Bundesrepublik genannt werden. Der „Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten“ (sog.„Deutschlandvertrag“) vom 23. Oktober 1954-12

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1. Der Überleitungsvertrag im Lichte der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland

1.1. Der Begriff der Souveränität und seine völkerrechtliche Bedeutung Der Begriff Souveränität bedeutet im völkerrechtlichen Sinne, dass Staaten gegenüber anderen Staaten befehlsunabhängig und nur der Völkerrechtsordnung unterworfen sind.1 Souveränität kommt einem Staat bereits als solchem zu und bedarf keiner besonderen Herleitung oder Begründung.2 Als souverän gelten grundsätzlich alle Staaten gleichermaßen und ohne Unterscheidung untereinander. Dieser Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten findet sich in Art. 2 Nr. 1 der Satzung der Vereinten Nationen. Da Beschränkungen der Souveränität eines Staates eine Ausnahme von der Regel darstellen, müssen sie besonders begründet werden.

1.2. Die Beschränkungen der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland bis z um Jahr 1990

Mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Streitkräfte am 8./9. Mai 1945 endete der 2. Weltkrieg. Nach Auffassung der herrschenden Völkerrechtslehre in der Bundesrepublik3 und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.4 hatte diese Kapitulation, die anschließende Besetzung des deutschen Staatsgebiets durch alliierte Truppen und die Übernahme der obersten Regierungsgewalt durch die Alliierten jedoch nicht den Untergang des damaligen deutschen Staates, des Deutschen Reiches, zur Folge. Vielmehr wurde das Deutsche Reich als fortexistierend betrachtet und die 1949 gegründete Bundesrepublik als „teilidentisch“ mit dem Deutschen Reich angesehen.5 Mit der Verabschiedung des Grundgesetzes sollte nicht ein neuer westdeutscher Staat geschaffen, sondern die deutsche Staatsgewalt in einem Teil Deutschlands neu organisiert werden.6 Aufgrund der besonderen politischen Situation war die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 jedoch nicht vollständig souverän im völkerrechtlichen Sinne. Die Beschränkungen der Souveränität ergaben sich aus verschiedenen den Alliierten
zustehenden Rechten.

1 Hailbronner in: Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 3. Abschnitt II, Rn 87; Doehring, Völkerrecht, S. 57;
Ipsen, Völkerrecht, § 26 Rn 7.
2 Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, S. 215.
3 Gornig, ROW 1991, S. 97; Ress, Die Rechtslage Deutschlands nach dem Grundlagenvertrag, S. 199 ff.;
Bernhardt, JuS 1986, S. 839 ff.
4 Hierzu besonders das sog. „Grundlagenvertragsurteil“ vom 31. Juli 1973, BVerfGE 36, S. 1, 15 ff.,
sowie der sog. „Teso-Beschluss“ vom 21.10.1987, BVerfGE 77, S. 137, 156 ff.
5 BVerfGE 36, S. 1, 16.
6 Rauschning, JuS 1991, S. 977.

1.2.1. Die wichtigsten Souveränitätsbeschränkungen durch die Alliierten in der Frühphase der Bundesrepublik

Die Souveränität der Bundesrepublik wurde in den Jahren 1949 bis 1955 in verschiednen Bereichen durch Vorrechte der Alliierten gegenüber der deutschen Staatsgewalt eingeschränkt. Exemplarisch sollen zwei wichtige Vorrechte der Alliierten aus der Frühphase der Bundesrepublik genannt werden.

– Spätestens seit Anfang Juni 1945 hatten die alliierten Truppen das Territorium des deutschen Staates endgültig besetzt. Daraus folgte die Befugnis der Siegermächte, auf diesem Gebiet ihre Streitkräfte zu stationieren („ex factis occupationis ius ad praesentiam oritur“). Die jeweilige Besatzungsmacht übte dabei ihre Befugnisse aus der „occupatio bellica“ in ihrer jeweiligen Besatzungszone aus, so dass sich das Aufenthaltsrecht ihrer Truppen auch nur auf die Besatzungszone erstreckte.7 Die Bundesrepublik Deutschland musste die Anwesenheit ausländischer Streitkräfte auf ihrem Hoheitsgebiet als eine faktische Souveränitätsbeschränkung hinnehmen.8 Erst Mitte der 50er Jahre basierte der Aufenthaltstitel der alliierten Truppen zumindest auch auf einer vertraglichen Grundlage.9

– Mit dem Besatzungsstatut vom 10. April 1949, das am 21. September 1949 in Kraft trat, wurden die Befugnisse der neuen deutschen Regierung und der Alliierten abgegrenzt. Zwar räumten die Alliierten der Bundesrepublik das „größtmögliche Maß an Selbstregierung“ ein, gleichzeitig behielten sie sich aber weit reichende Befugnisse auf den Gebieten der Entmilitarisierung, der Beschränkung der Industrie und Zivilluftfahrt, der Finanzverwaltung, der Außen- und der Innenpolitik vor.10 Hier durften die Besatzungsbehörden Maßnahmen ohne deutsche Zustimmung vornehmen.11

1.2.2. Der „Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten“ (sog. „Deutschlandvertrag“) vom 23. Oktober 1954.12

Einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur vollen Souveränität der Bundesrepublik stellten die sog. „Pariser Verträge“ aus dem Jahr 1954 dar, zu denen auch der „Deutschland-

7 Rensmann, Besatzungsrecht, S. 73.
8 Zu den Einzelheiten siehe Rensmann, Besatzungsrecht, S. 69 ff.
9 Bentzien, ROW 1991, S. 386, 389; zu dem damit verbundenen Theorienstreit Rensmann, Besatzungsrecht,
S. 75 ff.
10 Bötsch, Nachbefolgung, S. 24;
11 Rensmann, Besatzungsrecht, S. 35.
12 BGBl. 1955 II, S. 306 ff.

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